Der Musikus, der nach den Sternen greift

Alois Eberl wuchs mit der Volksmusik auf, Jazz machte ihn zum Virtuosen.

Der Oberndorfer Alois Eberl ist 28 Jahre alt und freischaffender Musiker, er lebt für die Musik und von ihr. Das ist ein Privileg, das längst nicht allen Musizierenden zu Teil wird. Man muss schon über ganz besondere Gaben verfügen, um sich von der Musik „ernähren“ zu können. Weil von der Posaune abbeißen, das kann der Alois auch nicht. Wie schaffte er es, so weit zu kommen? Wie viele große Musiker wurde er in eine musikalische Familie hineingeboren. Der Vater spielte in den Musikkapellen Aurach und Oberndorf, war Orgelspieler und ein guter und bekannter Volksmusikant. Er war es auch, der Alois Begabung schon als Knirps erkannte: „Der Alois, der hat das absolute Gehör. Als er 6 Jahre alt war, bekam Alois seine erste eigene „Zugin“, sein ganzer Stolz. Weil er sich so leicht tat mit dem Musizieren, versuchte er sich bald auch an einem anderen Instrument, der Trompete, dann am Tenorhorn und schließlich an der Posaune, die war damals ein Mangelinstrument. In vielen Musikkapellen gibt es zu wenig Posaunisten, weil sie eben ein ganz spezielles Instrument ist. Mit 10 also fing er an, Posaune zu üben. Volksmusik vor allem, Polka, Marsch und Walzer, wie sich das bei uns so gehört.

„Der håt’s drauf“, sagten alle

Er spielte gern und es fiel ihm so leicht. „Der håt Talent“, sagten die Eltern und Musiklehrer, „der muass weiter Musig måchn“. Also wechselte er nach der Hauptschule mit 14 Jahren ins Musikgymnasium in Innsbruck. Die erste Zeit im Internat, weit weg von zuhause in der großen Stadt, war nicht leicht für den jungen Oberndorfer. Das Heimweh bekämpfte er mit seinem Akkordeon und der Posaune, wobei die „Zugin“ bis dahin immer noch die Hauptrolle spielte. Bis, ja bis alles irgendwie anders wurde. „Dann is die Wende kemma“, erinnert sich Alois. Sie kam ganz unverhofft und unvermittelt.

Ein Solo verändert alles

(c) Groxpress

Er hatte sich in einem der folgenden Schuljahre zum Nebenfach „Bigband“ angemeldet. Die Musik, die hier gemacht wurde, sollte alles verändern. Bis dahin hatte er Volksmusik gespielt und Klassik, wie das dem Ausbildungsweg entsprach. Aber dann, in dieser Bigband, kam er zum ersten Mal bewusst mit Jazz in Berührung. Er spürte ganz stark das rhythmische Element in dieser Musik, war wie elektrisiert. Anfangs spielte Alois nur im Posaunensatz ganz brav die Stimme mit. Aber eines Tages forderte ihn der Bigbandleiter, der ebenfalls Alois heißt, nämlich Alois Wechselberger, auf, ein improvisiertes Solo zu spielen. Schlagartig war alles anders. Diese Musik, die spielt man nicht nach Noten vom Blatt. Die kommt von innen heraus, die ergreift Besitz von einem. Sie drückt nicht aus, was andere denken, sondern ist Ventil für die eigenen Empfindungen und Gedanken. Sie ist ein Weg, sich mitzuteilen, ganz persönlich und individuell. Sie ist ein Weg sich selbst zu verwirklichen.

Diese Musik, sie rüttelte den braven Musikschüler wach und machte ihn zum leidenschaftlichen Künstler. Was bisher ein mehr oder weniger vorgegebener Weg gewesen war, wurde nun zu dem seinen. Jetzt wusste er, was er wollte: Jazz spielen, Jazzmusiker werden. Das Feuer war entfacht, und es brannte lichterloh. Er fing an, regelmäßig ins „Treibhaus“ in Innsbruck zu gehen. Dort fanden jede Woche sogenannte „Jamsessions“ statt, bei denen Musiker ganz locker und ungezwungen miteinander spielen. Alois nutzte die Gelegenheit, um mit österreichischen Jazz-Größen wir Florian Bramböck, Martin Nitsch oder Martin Ohrwalder und Stefan Costa zu musizieren. Da rückte der Alois immer mit der Posaune an, mit der war es einfacher, Anschluss zu finden. Das goldene Blechinstrument wurde immer wichtiger und überholte schließlich das Akkordeon.

Das Studieren brachte auch die Anna

Nachdem das Ziel jetzt klar war, wechselte er nach der Matura nach Linz an die österreichweit beste Jazzuniversität. Er belegte das Fach Jazzposaune mit Schwerpunkt Akkordeon und machte gleich auch die Lehrbefähigungsausbildung. Finanziert hat er sich das Studium selbst – mit Unterricht an der Musikschule in St. Johann und Engagements wie bei der Blechblasgruppe „Viera Blech“ und natürlich Konzerten mit verschiedensten Jazzensembles. Danach machte der Oberndorfer innerhalb zwei weiterer Jahre seinen Abschluss im Konzertfach Klassische Posaune am Mozarteum in Salzburg. Mit beiden Abschlüssen in der Tasche ging er nach Wien, das war vor 4 Jahren. Aber er war nicht allein. In Linz an der Uni hatte er sich nicht nur den Bachelor geholt, sondern auch die Anna.

Anna ist sehr vielseitig, sie spielt Piano und Cello und noch ein paar andere Instrumente, an der Uni in Linz wurde wegen ihr ein eigenes Studienfach eingerichtet, das Jazz-Cello. Die beiden verstanden sich auf Anhieb sehr gut – auch musikalisch.

Das eigene Projekt – ein Traum wird wahr

In Wien unterrichtet der Oberndorfer an einem Privatkonservatorium und machte gemeinsam mit Anna seinen Traum wahr, nämlich den von einem eigenen Projekt, von einem eigenen Ensemble. Es heißt „Piano Forte Brass“, ist ein Kammermusik Jazzensemble und besteht aus vier Musikern, darunter Alois und seine Anna. Die Instrumente, die sie spielen, sind sehr vielfältig: Trompete, Kontrabass, Cello, Klavier, Akkordeon und Posaune harmonieren miteinander. Sie komponieren selbst, bringen ihre ganz individuellen Ausdrucksformen ein. Intensives gemeinsames Proben ist selbstverständlich. Und dass Alois selbst noch 3 bis 4 Stunden am Tag übt, auch. „Des is går net so viel, die Pianisten üben bis zu 10 Stunden pro Tag“, meint er darauf nur achselzuckend. Technisches Können ist ihm wichtig, seine eigene Sprache zu finden aber noch wichtiger. „Das ist wie beim Malen“, drückt es Alois aus, „man kann nicht einfach kopieren, sondern muss seinen ganz eigenen Stil finden. So ist das auch in der Musik, oder zumindest im Jazz.“

TEXT: DORIS MARTINZ
FOTOS: ARCHIV ALOIS EBER, MARKUS LACKINGER / www.jazzfoto.at
ERSCHEINUNGSDATUM: SOMMER 2014

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Doris Martinz

01.07.2014 - 00:00

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