Die Seele des Holzes
Horst Pali ist gelernter Bildhauer und mit dem Tiroler Land fest verwurzelt. Mit Kitsch kann er wenig anfangen, dafür sind seine geschnitzten Figuren zeitgenössisch, klar im Stil und wer genau hinsieht, wird erkennen, dass Horst jeder einzelnen etwas mitgegeben hat: Eine Seele.
Der Beruf des Bildhauers hat in Tirol eine alte Tradition. Vom Aussterben bedroht ist dieses Handwerk laut Horst Pali aber längst nicht: „Natürlich kann eine Fräsmaschine oder ein Laserdrucker heutzutage die Handarbeit ersetzen, aber eines wird den computergesteuerten Maschinen nie gelingen: Den individuellen Charakter eines Bildhauers in die Figur einzuarbeiten, dem Holz eine Seele zu geben.“ Diese Fähigkeit obliegt einzig und allein dem Menschen. Jenen Menschen, denen die Leidenschaft für das Kunsthandwerk in die Wiege gelegt wurde. Wie Horst Pali. Schon in der Volksschule fiel seinen Lehrern auf, wie begabt der Junge im Zeichenunterricht war. „Noch Jahre später, als ich bereits das Gymnasium besuchte, hängten meine Werke in der Volksschule aus.“ Als die Zeit reif war, überlegte Horst gemeinsam mit seinem Vater, welcher Lebensweg für ihn nun der richtige wäre. „Werbeagenturen oder Grafiker gab es in dem Sinne noch nicht, daher besuchte ich von 1980 bis 1984 die Fachschule für Holz und Steinbildhauerei in Elbigenalp unter der damaligen Leitung von Professor Rudolf Geisler-Moroder.“ Der Professor wurde Zeit seines Lebens zum Mentor von Horst. „Nachdem ich mich nach meinem Abschluss selbstständig gemacht habe, durfte ich für ihn diverse Arbeiten in seinem Atelier verrichten. Seine Weisheiten und sein Wissensschatz prägen meine Kunst bis heute.“ Dieses Wissen gibt er aktuell als Lehrer an seiner ehemaligen Schule in Elbigenalp weiter.
Stille Helden
Horst Pali versucht mit der Zeit zu gehen. Wenn er mit seinem Werkzeug durch das Holz fährt, schnitzt er seinen eigenen Stil dabei heraus. Es geht ihm nicht darum, den klassischen Barockstil nachzuahmen, vielmehr denkt er zeitgenössischer. Klare Linien, Reduktion auf das Wesentliche und besondere Materialien prägen sein Werk. „Ein Kollege von mir hat es einst auf den Punkt gebracht, als er sagte: ,Der Schnitzer schneidet das weg, was er sieht. Der Künstler schneidet, was er fühlt.‘ Es geht darum, der jeweiligen Figur ein Gefühl zu geben, welches der Betrachter letztlich auch erkennt.“ Seine Arbeiten finden sich landauf wie landab.
In der Gemeinde Fieberbrunn schuf er eine Dorfkrippe mit lebensgroßen Figuren, die 14 Kreuzwegstationen zur Einsiedeleikapelle in St. Johann in Tirol entstammen seiner Schnitzkunst und rund um den Gipfel des Kitzbüheler Horns zieren von ihm geschnitzte Adler, Gämsen und Bären den Klettergarten im Sommer und die Skipisten im Winter. „Viele Aufträge sind religiöser Natur und mit unserem Brauchtum verwurzelt, dazu zählt zudem das Maskenschnitzen für diverse Krampusumzüge.“
Künstlerische Gratwanderung
Zuviel Kitsch sieht Horst kritisch: „Wir brauchen keine Disneyland-Parks bei uns, wir sollten unsere Gegend nicht zu sehr verkitschen. Wir haben die Natur, darauf sollten wir uns besinnen.“ Deswegen kommen die Leute nach Tirol, findet er. „Wenn der Großstädter bei uns auf den Berg hinauf wandert und dabei das erste Mal den Ruf eines Adlers hört, wird ihm das sein Leben lang begleiten. Die Berge machen uns demütig, man erkennt, wie klein man im Vergleich zur Welt eigentlich ist. Ein Gipfelsieg und das damit verbundene Gefühl des Stolzes lässt einen gelassener werden.“ Für Horst Pali ist Tirol ein Land der Vielfalt: „Es gibt zu allen vier Jahreszeiten unendlich viele Lebenswege zu erkunden. Man atmet die frische Luft, genießt die Ruhe, gutes Essen, gute Getränke inmitten geselliger Leute. Man kennt sich untereinander, wertschätzt sich und jedes Lebewesen. Das ist Tirol, das ist unser Charakter.“
Weltenwanderer mit Heimweh
Und obwohl der Weltenwanderer als Bergsteiger schon viel gesehen hat, war letztlich doch immer die Sehnsucht nach der Heimat die größte: „Ich war von Amerika bis Afrika viel unterwegs, hab die Inkastätten in Südamerika besucht, war im wilden Kanada auf Expedition. Vieles war eindrucksvoll und einzigartig, aber der Wunsch des Heimkehrens war nach jeder langen Reise ein sehnsuchtsvoller. „Denn es gibt wenig schönere Plätze als diese hier bei uns.“