Ein Mann, der seine Gedanken sichtbar macht - Holzbildhauer Horst Mayr
Der Holzbildhauer Horst Mayr arbeitet seit über 40 Jahren in seinem Beruf und ist mit Leib und Seele Künstler. Im Interview spricht er über den langen Weg zum Erfolg, den befreienden Moment seiner Kunst und den besonderen Blick des Bildhauers.
Es ist ein langer Prozess, bis es gelingt, die eigenen Vorstellungen in Formen umzusetzen. Man beginnt mit Christusfiguren, Madonnen und anderen kleinen Figuren. Erst nach und nach entwickelt man einen eigenen Stil. Das Schnitzen hat der heute 62-Jährige der Schnitzschule Elbigenalp im Bezirk Reutte gelernt. „Man darf das nie unterbrechen. Man muss ein Leben lang ein Künstler bleiben und sich ständig beweisen. Das ist ja schon eine Kunst: Das Überleben in diesem Beruf“, erzählt Horst Mayr. Wer mit dem Schnitzen aufhört, der verlernt es schnell. Horst Mayr hat sich schon vor seiner Ausbildung zum Bildhauer für Formen interessiert und geschnitzt. Damals wusste er aber noch nicht, dass er einmal Bildhauer wird: „Wenn man nach vier Jahren aus der Schnitzschule kommt, ist man plötzlich auf sich alleine gestellt. Es vergeht viel Zeit, um zu sich zu kommen. Eine Lernphase, die Jahre dauert.“
„Irgendwann ist es auch wichtig, aufzuhören, wenn man an einer Figur arbeitet.
Manchmal ist es gar nicht so einfach, zu wissen, wann man fertig ist.“
Horst Mayr will seine Beobachtungen in Holz festhalten. Er zeigt auf eine etwa ein Meter hohe, teilweise vergoldete Figur und beschreibt diese. Seine neueren Arbeiten wirken oft abstrakt. „Es ist ein Durcheinander auf der Welt und man muss wieder eine Ordnung herstellen. Durch die Bedrohungen von außen rauchen die Schädel – was können wir tun, damit es besser wird?“, das war der Gedanke zu einer seiner Skulpturen. Der Künstler legt besonderen Wert darauf, Menschen zum Nachdenken anzuregen und die Betrachter zu inspirieren.Kunst ist für ihn ein Gedanke, der sich manifestiert. Er arbeitet häufig auf Bestellung und auch hier ist es ihm wichtig, dass immer erkenntlich ist, dass es sich um einen „echten“ Mayr handelt. Seine Figuren sind kraftvoll und leben von einer großen Expressivität, sie scheinen sich zu bewegen.
„Die Kunst hört nie auf zu wachsen. Man wird immer reifer. Im Alter hat man ein gewisses Können.
Schade ist nur, dass man das gar nicht richtig auskosten kann, weil man keine Zeit mehr hat.“
Der bodenständige Künstler gibt seinen Figuren eine Seele. Diese Kraft sehen die Menschen. Besonders auffallend sind die ausdrucksstarken Gesichter seiner Werke. Horst Mayr steht immer noch täglich in seiner Werkstatt. Wenn ihn eine seiner vielen Ideen überkommt, nimmt er sofort seinen Skizzenblock zur Hand, um diese festzuhalten. Den Prozess, wenn ein Holzblock vor ihm steht und er diesen aus seiner Urform befreit und daraus eine Figurkreiert, beschreibt er als befreiend: „Der Anfang ist oft sehr mühsam. Da geht es einem ähnlich wie einem Maler vor seiner weißen Leinwand.“
Horst Mayr nimmt seine Tätigkeit sehr ernst. Im persönlichen Gespräch aber erzählt er gerne die eine oder andere Anekdote aus seinem Leben: „Wenn man Bildhauer ist, kann man mit Formen umgehen. Der Rest ist nur noch ein Unterschied im Material. Ich habe schon eine Krippe aus Käse geschnitzt. Und einmal hab‘ ich ein Eis gegessen in einem Gastgarten. Und einer hat mir zugesehen, weil ich es so komisch gegessen habe. Dann habe ich ihm gezeigt, was ich gemacht habe: einen Madonnenkopf. Geschnitzt mit einem kleinen Eislöffel. Den Spaß macht man sich als Bildhauer.“
Jahresringe
Für seine Kunstwerke verwendet Horst Mayr Kiefern, Fichten, Linden und besonders gerne die Zirbe. Die meisten Bäume wachsen im Sommer sehr schnell und im Winter sehr langsam. Das zeigt sich an den typischen Jahresringen, die das Schnitzen erschweren. Deshalb ist die Zirbe besonders gut geeignet, denn sie wächst das ganze Jahr über hinweg gleichmäßig.