Geheimnis unseres Winterwaldes

Legt das Land sein weißes Kleid an, zieht es uns raus in die Natur.
Für Wildtiere hält die härteste Zeit des Jahres inne.

Hoch über Waidring, auf dem Höhen-Skigebiet Steinplatte herrscht Hochbetrieb. Skifahrer wedeln über die Pisten. Kaiserschmarren purzeln aus den Skihütten. Zur gleichen Zeit bereitet sich unten im Tal Harald Massinger auf den Besuch bei den Waldbewohnern vor. Harald ist Aufsichtsjäger im Revier Weissbach und Hegemeister in Waidring. Heute freue ich mich besonders. Harry nimmt mich zur Wildfütterung mit und zeigt mir das Geheimnis unseres Winterwaldes. Nur eines hat er mir am Telefon verraten: „Nimm dir a g’scheites G’wand und a Schlitterl mit, dann geht’s dahi’!“ Am Parkplatz Weißbach angekommen, werde ich bereits vom Wirt „Oberweissbach Andi“ und Jäger Harry erwartet. Mit dem Geländewagen bringt uns Andi rauf auf die Höh’. Von da aus stapfen wir in die unberührte Winterlandschaft. Wapf. Wapf Wapf.

Schön idyllisch, nicht wahr?

Doch in der tief verschneiten Natur beginnt für die Wildtiere die Zeit der Bewährung. Und jedes Tier nimmt diese Herausforderung auf seine Art an. Im Herbst legt sich das Wild noch einen guten Engergievorrat an. Mit dickem Fell und Fettreserven sind die Tiere gewappnet für die harte Jahreszeit. Von nun an leben die Waldbewohner auf Sparflamme.
Nur ab und an streifen sie auf der Futtersuche durch die tief verschneite Landschaft in vertrauter Umgebung. Jede Flucht kostet jetzt enorme Kraft, die am Ende fehlt und fatale Folgen für ein entkräftigtes Tier hätte.
„Daher ist es für Wintersportler umso wichtiger die Grenzen zu respektieren. Ungewohnter Besuch im natürlichen Lebensraum der Waldbewohnen bedeutet sofort: Stress!“, erklärt Harry. „Ich bin selber begeisterter Skitouren-Geher, Radfahrer und Bergsteiger. Es gibt nichts Schöneres als die Freizeit in der Natur zu verbringen. Wir haben es in der Hand, dass wir verantwortungsbewusst im und mit dem Lebensraum Natur umgehen. Vor allem jetzt im Engpass Winter, wo das Wild am Existenzminimum lebt, ist es umso wichtiger, Rücksicht zu nehmen.“

Aber wie können wir dazu beitragen und die Tiere und unsere Natur schützen? Es ist im Grunde ganz einfach, wenn wir uns an wenige Grundregeln halten und verantwortungsbewusst handeln.

Acht weiße Regeln im Lebensraum Natur:

  • Auf gekennzeichneten Pisten, Routen und Wegen bleiben
  • Geschützte Gebiete, Markierungen und Sperren beachten
  • Ruhezonen der Wildtiere respektieren und Futterstellen meiden
  • Abfall mitnehmen
  • Lärm vermeiden
  • Hunde an der Leine führen
  • Aufenthalt im Wald vor Sonnenaufgang und nach Sonnenuntergang meiden
  • Aufforstungen und Jungwuchsflächen ausweichen
Grenzen Respektieren und auf gekennzeichneten Wegen bleiben.

Wie überwintern die Tiere im Wald?

Ich bin erstaunt, als mir Aufsichtsjäger Harry während unserer Winterwanderung aufzählt, welche Wildarten sich in seinem Jagdrevier aufhalten. Vom Rehwild angefangen - über Rotwild, Gämsen, Fuchs, Dachs, Murmeltier „Manggei“, Hase - bis hin zum Federwild, wie Auerhahn, Birkhuhn oder Haselhuhn.

Das selbstgemachte Kreuz beschützt die Wildfütterung.

Nach einem kurzweiligen Fußmarsch erreichen wir die Wildfütterung. Ein selbstgemachtes Kreuz aus Haselnuss-Stecken ist liebevoll an der alten Holzfassade der Hütte angebracht und beschützt diesen herrlichen Platz. Es knirscht und knackst als der Jäger den Holzverschlag öffnet und eintritt um das Futter vorzubereiten.
„Im Grunde wäre eine zusätzliche Fütterung vom Wild nicht notwendig.“, erläutert Harry. „Von Natur aus könnten sich die Wildtiere selber versorgen, doch da wir Menschen immer mehr Platz in Anspruch nehmen, müssen die Tiere weichen und auf immer engerem Raum zusammenleben. Dadurch haben sie weniger Platz für die Futtersuche und ohne Fütterung durch den Jäger käme es vermehrt zu einem Wildverbiss bei Bäumen. Dies wäre wiederum fatal für die Waldbesitzer.“ Harry versorgt in seinem Jagdrevier ausschließlich das Rehwild mit Kraftfutter und Heu. Hirsche schauen hier nur sporadisch vorbei. Damit das Rotwild nicht in Versuchung kommt, aus der Futterkrippe der Rehe zu naschen, haben sich die Jäger etwas ausgefuchstes einfallen lassen. Die Futterstelle ist ringsum von einem speziellen Holzzaun umgeben. Hier hüpfen nur die zierlichen Rehe durch.

Nach getaner Arbeit in der Wildfütterung zeigt mir Harry noch etwas Besonderes. Wenige Schritte von der Wildfütterung entfernt fließt klares Gebirgswasser in einen kleinen Teich. Mit großer Bewunderung stellen wir fest, dass dieser trotz der eisigen Temperaturen in dem schattigen Tal nicht einfriert. „Den Fischteich habe ich angelegt. Im Sommer komme ich mit meinen Kindern hierher um Forellen zu fischen. Das ist eine Gaudi!“, erfahre ich von Harry.
Über die zauberhafte, in übergroßen Schneekristallen gekleidete Naturlandschaft schreiten wir weiter zum Alpengasthaus Oberweissbach und zum Wirt Andi, wo wir den Nachmittag bei einem gemütlichen Bier ausklingen lassen.
Runter ins Tal geht’s natürlich standesgemäß mit einer lustigen Rodelpartie. Auf die Plätze, Fertig, Los!

Fünf Dinge, die du schon immer von einem Jäger wissen wolltest

Jäger Harry beantwortet die gefinkelten Fragen

1) Was wäre, wenn ein modisch orientierter Jäger rote Jagdbekleidung bevorzugt?
Harry: Ganz ehrlich? Nichts! Denn die Farbe rot nimmt das Wildtier nicht wahr. Hingegen werden die Farben grün und vor allem blau sehr gut wahrgenommen.
Fazit: Grünes Licht für rote Jäger.

2) Wie heißt die Frau von einem Hirsch?
Harry: Das weibliche Tier ist die Hirschkuh.

3) Wie heißt Familie Reh?
Harry: Papa - Rehbock, Mama - Rehgeiß, Kind - Rehkitz

4) Gibt es noch Wilderer?
Harry: Ja. Tatsächlich gibt es heutzutage noch Wilderer. Doch das Motiv hat sich drastisch verändert. In damaligen Zeiten wilderten die Menschen aus Armut. Mit dem Wildfleisch konnten sie ihre Familien ernähren oder ein bisschen Geld durch den Verkauf verdienen.
Vor einiger Zeit haben wir einen gewilderten Hirsch entdeckt. Der Kopf des Tieres war abgetrennt und wurde als Trophäe mitgenommen. Ein schreckliches Angesicht.

5) Ist Bambi ein Reh?
Harry: Bambi ist ein Hirschkalb vom Weißwedelhirsch. Bambi hat einen Wedel und Rehe haben keinen Schwanz. Nur einer der vielen Hinweise, warum Bambi kein Reh ist.

Vielen Dank Harry!

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