Hansi lässt die Rösser dampfen
Vom Vergnügen einer Schlittenfahrt und wie es sich als "Kutschinger" am Grafenweg lebt.
Vom Leamwirt am Penningberg führt der Schlittenweg in die Niederau zum Bichlwirt und wieder retour. Oder umgekehrt. Über Wiesen und durch den Wald führt die Strecke, malerisch eingebettet in die Bergwelt, sie gehört nur den Fuhrwerken und den Wanderern. Dampfende Rösser, glasklare Luft, das helle Läuten der Glöckchen am Schlitten und das Knirschen des Schnees. So viel Romantik, so viel Idylle, ...
Die herrscht auch, als ich Johann, „Hansi“ Loinger und seine Andrea auf ihrem Bauernhof am Grafenweg besuche. Hansi strahlt mich an mit seinen gletscherblauen Augen und dem breiten Lächeln. Als er sieben Jahre alt war, fuhr er noch mit dem Papa und dem Opa mit, mit neun saß er schon selber am Kutscherbock. „Von da Schule heim, die Schultasche in die Ecke gepfeffert und auffi auf die Kutschn,“ erzählt er lachend. Das war seine Welt.
Was für ein Auf(t)ritt!
Hansi war in der Familie der einzige Bub unter vier Schwestern. Dass er den elterlichen Hof eines Tages übernehmen würde, war von Anfang an klar. In Andrea fand er eine Frau, die Pferde ebenso liebt wie er. Andrea stammt übrigens aus Stein bei Nürnberg. Als Kind verbringt sie die Ferien immer in der Region, und irgendwann kommt sie ganz zu uns. Eines Tages geht sie mit einer Freundin auf einen Kaffee zum Wirt. Sie sitzen auf der Terrasse vorm Haus und unterhalten sich, als plötzlich ein Reiter auf einem stolzen Noriker daherkommt.
Andrea ist über die Maßen beeindruckt. Von dem prächtigen Ross und dem feschen Kerl auf seinem Rücken mit den hellen blauen Augen. Liebe auf den ersten Blick? Logisch, bei dem Auf(t)ritt! Die beiden heirateten. Die Hochzeit war „natürlich total pferdeverseucht,“ lacht Andrea. Die Trauung fand in Thierbach statt, Ende September des Jahres 2000. Zehn Reiter der ländlichen Reitergruppe Hopfgarten holten das Brautpaar am Bauernhof in Thierbach ab und ritten in ihren feschen roten Jacken und mit den Vereinsstandarten der Hochzeitskutsche voraus.
Ihre gemeinsame Tochter Nadine ist „Pferdespinnerin“ in der vierten Generation und natürlich auch schon am Kutschbock anzutreffen. Nur mit Gästen fahren, das darf sie noch nicht. Dafür reitet sie, und zwar wie der Teufel. Mit Norikern bestreitet sie sehr erfolgreich auch Springturniere.
Auch Nadines jüngerer Bruder Markus mag Pferde und alle anderen Tiere sehr gern, tut sich mit allem aber etwas schwerer, braucht mehr Zeit. Um jedes Kind so anzunehmen, wie es ist, dafür braucht es Kraft. In allen Familien. Andrea nickt. Sie ist stolz auf ihre beiden Lieblinge.
Hoch auf dem Wagen
Die Loingers hatten auch immer wieder bekannte Persönlichkeiten zu Gast auf ihren Kutschen. Der Sänger Engelbert zum Beispiel wollte immer nur an den Hof und nicht ins Gasthaus gefahren werden. Einen „VIP-Einsatz“ hatte Hansi aber auch in jüngerer Zeit: Er hatte die Ehre, zusammen mit dem Obmann der ländlichen Hopfgarten Reitergruppe die Urenkelin der Kaiserin Sissi am Schindlhof beim Dressurturnier in Schwaz mit seinen zwei Tigerschecken zu chauffieren. Mit ihrer Hochzeitskutsche kommen Hansi und Andrea aber auch sonst weit herum, bis nach Thiersee und Kundl zum Beispiel.
Wie schön ist es, sich kutschieren zu lassen! Durch die verschneite Winterlandschaft zwischen Hopfgarten und der Wildschönau, fern von allem Lärm, nichts als weiße Bergspitzen rundum und Felder und Wiesen, über die eine glitzernde Schneedecke gebreitet ist. Am schönsten sind für Hansi die Fahrten in den Vollmondnächten, wenn sich das Mondlicht über Feld und Wald ergießt. Nicht immer hat er in diesen magischen Nächten Fahrgäste. Dann lädt er seine Familie in den Schlitten, und die vier genießen die Fahrt. Andrea und die Kinder kuscheln sich in die warmen Decken und können sich nicht satt sehen am silbrig glänzenden Mond, der zum Greifen nah scheint. Doch auch bei leichtem Schneetreiben ist eine Winterfahrt durch den Penninger Wald ein unvergesslich schönes Erlebnis.
Gerade für Familien hat Hansi ein besonderes Angebot: Er holt seine Gäste beim Bichlwirt oder an anderen vereinbarten Standorten ab und fährt mit ihnen zu sich auf den Hof. Hier gibt es Glühwein aus dem Kupferkessel, die kleinen Fahrgäste bekommen einen Kakao und können im Stall die Kälbchen streicheln und die Pferde besuchen.
Manchmal hat Hansi auch ganz spezielle Fahrten. Dann hält er an einem besonders romantischen Wegabschnitt die Pferde an und holt einen Strauß roter Rosen oder Sekt und Gläser hervor. Eingehüllt in den Zauber dieses Augenblicks, gab es noch immer ein „Ja“.
So fährt uns Hansi mit seinen Gespannen ins Glück … einfach einsteigen und los geht’s!