Regionalität ist Zukunft

Die Stärkung der regionalen Entwicklung ist in aller Munde – Stefan Niedermoser bringt sie auf den Boden: im PillerseeTal und in ganz Österreich! Ein Gespräch über die Liebe zur Region und der Wichtigkeit einer bundesweiten Interessensvertretung.

„Ein Mann voller Widersprüche“, denke ich mir, als ich Stefan Niedermoser, dem Geschäftsführer der Regio-Tech Hochfilzen Pillerseetal Regionalentwicklungs-GmbH, in einem Wörgler Café gegenübersitze. Ein echter Tiroler, der die Berge liebt, aber jedes Wochenende ins niederösterreichische Flachland pendelt? Der sich ganz der Regionalentwicklung verschrieben hat, aber ein bundesweites Netzwerk gründet? Im Laufe des Interviews erkenne ich, er ist vor allem einer, der Ideen Realität werden lässt, dabei aber auch den Blick über den heimischen Tellerrand erhebt. Auf jeden Fall ist Stefan Niedermoser ein spannender Gesprächspartner, mit dem ich bestens über regionale Projekte, bundesweite Interessensvertretung und niederösterreichische Christbaumzucht diskutieren kann.






Die Wichtigkeit regionaler Entwicklung ist in aller Munde – Stefan Niedermoser bringt sie auf den Boden: Im Pillerseetal und in ganz Österreich.

Sie sind seit 15 Jahren Geschäftsführer der Regio-Tech GmbH und vom LEADER-Regionalmanagement. Wie war Ihr beruflicher Werdegang bis zu dieser Position?

Stefan Niedermoser: Im Rahmen meines Volkswirtschaftsstudiums an der Universität Innsbruck habe ich eine Lehrveranstaltung zum Thema Regionalentwicklung besucht und da hat es irgendwie „klick“ gemacht. Im Anschluss an die Lehrveranstaltung habe ich mich für eine Praktikantenstelle beim Land Tirol gemeldet. Als bei der Regio-Tech eine Position als Regionalmanager ausgeschrieben wurde, habe ich mich sofort beworben und wurde eingestellt. Ein Jahr später wurde ich als Geschäftsführer bestellt.

Was fasziniert Sie nach ihrer langjährigen Tätigkeit noch an der Regionalentwicklung?

Stefan Niedermoser: Ich bin nach wie vor begeistert, wie viel Positives wir mit den umgesetzten Projekten für unsere Region hier erreichen können. Mein Job ist sehr vielseitig. Ich komme täglich mit spannenden Menschen zusammen, die mit viel Kreativität und Engagement etwas bewegen wollen und aus den unterschiedlichsten Branchen stammen.

Wie kann man sich die Aufgaben der Regio-Tech Hochfilzen Pillerseetal konkret vorstellen?

Stefan Niedermoser: Ziel der Regio-Tech ist es, unsere Region in verschiedensten Bereichen bestmöglich zu entwickeln. Es geht darum Projekte zu initiieren, zu fördern und teilweise auch umzusetzen, die die Lebensqualität der Einwohner verbessern, die wirtschaftliche Entwicklung oder den Umweltschutz vorantreiben. Drüber hinaus möchten wir Menschen mit Ideen zusammenzubringen und sie bei deren Umsetzung bestmöglich unterstützen. Die Regio-Tech und das LEADER-Regionalmanagement verwalten Förderbudgets der EU, des Bundes und der Länder, um werthaltige regionale Projekte entsprechend auch finanziell unterstützen zu können. Die Tourismusbetriebe in der Region benötigen zum Beispiel dringend Mitarbeiter mit Deutschkenntnissen. Darum bieten wir direkt in den Seminarräumen der Regio-Tech Sprachkurse an. Wir unterstützen aber auch ein Car-Sharing-Modell oder fördern innovative Tourismusprojekte wie die zahlreichen Erlebniswelten auf den Bergen im PillerseeTal. Während der Corona-Pandemie haben wir Unternehmen bei der Beantragung von Förderungen unterstützt. Ich könnte die Liste jetzt fast beliebig fortsetzen, denn wir haben mehr als 400 verschiedene Projekte begleitet.

Stichwort Förderungen: Wie erfolgt die Vergabe von Fördergeldern und wer entscheidet welches Projekt gefördert werden soll?

Stefan Niedermoser: Grundsätzlich existiert für jede LEADER-Region eine Entwicklungsstrategie. Damit ein Projekt gefördert werden kann, muss es im ersten Schritt die Strategie der Region unterstützen. Dann entscheidet ein elfköpfiges Auswahlgremium aus der Region, welche Projekte den Zuschlag bekommen. Die genaue Höhe der Förderungen ist dabei festgelegt. Die jeweiligen Rechnungshöfe von EU, Bund und Ländern überprüfen die rechtmäßige Verwendung der Fördermittel. Das Besondere am Auswahlgremium ist, dass mindestens 51 Prozent der Mitglieder der Zivilgesellschaft angehören müssen. Insgesamt 40 Prozent der Auswahl-Kommission muss zudem weiblich besetzt sein.





Im Rahmen meines Volkswirtschaftsstudiums an der Universität Innsbruck habe ich eine Lehrveranstaltung zum Thema Regionalentwicklung besucht und da hat es irgendwie „klick“ gemacht.

Jetzt ist das Stichwort LEADER-Region gefallen. Wie wird man zur LEADER-Region? Können sich Gemeinden selbst dazu ernennen oder wie kann man sich das vorstellen?

Stefan Niedermoser: Grundsätzlich ist das Ministerium für Landwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft die zuständige Behörde für den ländlichen Raum. Eine Region kann sich mit einer klaren Entwicklungsstrategie beim Ministerium als LEADER-Region bewerben. Auf den ehemaligen EU Agrarkommissar Dr. Franz Fischler geht zurück, dass fünf Prozent des Fördertops für den ländlichen Raum an LEADER-Regionen ausgeschüttet werden müssen. Dieser Vorgabe liegt das Bekenntnis zugrunde, dass zur Landwirtschaft nicht nur Felder, Tiere und Bauern gehören, sondern der gesamte ländliche Raum mit allen Facetten.

2014 haben Sie das bundesweite LEADER-Forum gegründet und sind dort auch nach wie vor Präsident. Was hat Sie dazu bewogen, sich mit anderen LEADER-Regionen zu vernetzen?

Stefan Niedermoser: Zu dieser Zeit ist das LEADER-System irgendwie stecken geblieben und hat sich auf die Vergabe von Fördergeldern reduziert. Einerseits habe ich den Innovationsgedanken vermisst, andererseits kamen noch Budgetkürzungen auf uns zu. Grund genug das LEADER-Forum als gemeinsames Netzwerk für Austausch und Innovation, sowie als Interessensvertretung zu gründen. Alle 77 LEADER-Regionen sind beigetreten.

LEADER scheint bei Ihnen ja auch zu einer spannenden privaten Kooperation geführt zu haben?

Stefan Niedermoser: Zu einer Kooperation mit handfesten Ergebnissen (lacht). Ich habe meine Lebenspartnerin bei einer Veranstaltung kennengelernt. Sie bekleidete eine vergleichbare Position in einer niederösterreichischen LEADER-Region. Mittlerweile haben wir drei Kinder im Alter von sieben, zehn und dreizehn Jahren und unsere Eltern unterstützen uns tatkräftig bei der Kinderbetreuung. Meine Familie ist auch der Grund, warum ich viele Wochenenden ins niederösterreichische Mostviertel pendle.

Sie sind neben Ihrer beruflichen Tätigkeit auch noch in mehreren Organisationen aktiv. Da fragt man sich, wie finden Sie die Zeit dafür und wie entspannen Sie sich?

Stefan Niedermoser: Grundsätzlich habe ich natürlich das Privileg, mich unter der Woche ganz auf meinen Beruf und meine Verpflichtungen konzentrieren zu können. In der Freizeit spiele ich leidenschaftlich gerne Tennis. Im Winter stehen natürlich Skitourengehen oder Skifahren am Programm. Überhaupt bin ich gerne in den PillerseeTaler Bergen und sportlich aktiv und habe das Glück, schnell abschalten zu können.

Am Wochenende steht dafür dann vermutlich die Familie im Mittelpunkt?

Stefan Niedermoser: Ja, natürlich die Familie, aber auch der Christbaumwald meiner Partnerin, der direkt bei ihrem Hof liegt. Die Mitarbeit dort ist eine schöne Abwechslung zu meiner Bürotätigkeit in Tirol. Dieses Nomadenleben zwischen Tirol und Niederösterreich verbindet für mich das Beste aus zwei Welten und wir leben dieses Modell jetzt schon sehr erfolgreich seit 15 Jahren.

Sie sind in St. Jakob in Haus aufgewachsen. Welche Verbindung haben Sie heute noch zu Ihrem Heimatort?

Stefan Niedermoser: St. Jakob in Haus ist meine Heimat. Meine Eltern leben dort und betreiben eine gutgehende Pension. Die vielen Stammgäste sind über die Jahre schon echte Freunde geworden. Ich bin oft vor Ort, mache die Buchhaltung für die Pension und kümmere mich um das Wirtschaftliche. St. Jakob in Haus stellt so gesehen mein Basislager dar.





Stefan Niedermoser ist ein echter Tiroler, der die Berge liebt, aber jedes Wochenende ins niederösterreichische Flachland pendelt.

Steckbrief Mag. Stefan Niedermoser

  • Alter: 41 Jahre
  • Ausbildung: Studium der Angewandten Volkswirtschaftslehre in Innsbruck, Master of Science für Politische Wissenschaft und Regierung an der Universität für Weiterbildung Krems
  • seit 2007 Geschäftsführer der Regio-Tech Hochfilzen Regionalentwicklung
  • seit 2014 Gründer und Präsident des LEADER-forum Österreich
  • Hobbys: Skifahren, Tennis
  • Familie: 3 Kinder mit Partnerin in Niederösterreich

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