Skiup & Skidown

Warum das Skitourengehen immer mehr Menschen in seinen Bann zieht.

Zwanzig Jahre später. Es war so um das Jahr 2002. Mein Freund erzählte mir, dass er neuerdings mit Tourenski am Rand der Skipiste hochgeht – am liebsten abends. Gleich nach der Arbeit. Der Hüttenwirt oben bei der Bergstation hat extra an zwei Tagen der Woche länger offen. Zurück ins Tal geht es dann mit der Stirnlampe auf der Skipiste. „Da bleibst du fit über den Winter – das ist das perfekte Training für den Sommer“, meinte er. Noch in der gleichen Woche kaufte ich mir ein Skitourenset. Einen „Fischer Kammerlander“ mit Fellen, Bindung und Stöcken und einen knallorangen Scarpa Tourenskischuh. Der erste Aufstieg war ernüchternd und zeigte mir schnell meine konditionellen Grenzen auf. Ich dachte an meinen mittlerweile verstorbenen Großvater, der noch mit 80 Jahren lange Skitouren auf hohe Gipfel unternahm. Ich war Mitte dreißig und über meinen Fitnesszustand
ernsthaft erschüttert.

Kurzer Rückblick. Ich erinnere mich zurück an meinen Großvater, einem leidenschaftlichen Alpinisten. War er nicht gerade im Dienst – er war bei der Gendarmerie – und hatte er nicht irgend etwas ums Haus zu tun, dann war er auf den Bergen. Sommer wie Winter. Da bekam ich in meiner Jugendzeit das erste Mal mit, dass man mit Skiern auch abseits einer Skipiste fahren konnte, sofern man zuvor damit hoch gelaufen ist. Der Sinn offenbarte sich mir ehrlich gesagt nicht, gab es doch damals schon viele Lifte, die einem bequem nach oben brachten. Mit dieser Ansicht stand ich nicht alleine da. Die Skigebiete boomten und wurden immer mehr ausgebaut. Die Lifte wurden moderner, schneller und bequemer. Die Pisten breiter, künstlich beschneit und perfekt präpariert. Wieso also einen Berg hoch laufen?

Es war Zeit für eine Richtungsänderung in meinem Leben und beschloss spontan mit dem Rauchen aufzuhören und generell gesünder zu leben. Regelmäßig nach der Arbeit und am Wochenende packte ich die Tourenski aus dem Keller. Skinup, Skidown – oft dreimal in der Woche. Mit der Zeit machte es richtig Spaß. Und da war sie plötzlich, die Sehnsucht nach den Bergen, ganz oben zu stehen und die Freiheit zu genießen. Das Brixental mit seinen Seitentälern war immer schon ein Geheimtipp unter den Mitgliedern der Alpenvereine und Naturfreunde. Im spezialisierten Buchhandel gab es dazu auch schon entsprechende Literatur dazu. Unzählige Routen in allen Schwierigkeitsgrade standen hier dem Skitourengeher zur Auswahl. Meine erste Tour ging von Aschau aus auf den Gipfel des Brechhorns. Nicht schwer, genau das Richtige für einen Anfänger. Wie lange ich damals auf den Gipfel brauchte, kann ich heute nicht mehr sagen. Das unbeschreibliche Glücksgefühl, auf dem Gipfel stehen zu dürfen, werde ich jedoch immer in schöner Erinnerung behalten.

Bis heute – 15 Jahre später – habe ich unzählige weitere schöne Skitouren unternommen. Jede einzelne ein Erlebnis. Und ich gehe auch heute noch gerne am Rand der Skipiste hoch – nach wie vor ein tolles Training, bei dem ich auch sehr gut vom Alltag abschalten kann. In diesen wenigen Jahren hat sich allerdings viel verändert. Die Industrie hat die Skitourengeher für sich entdeckt. Für jeden Einsatz gibt es heute das perfekte Equipment für noch mehr Spass. Die Sicherheit wurde verbessert und auch die Bekleidung hat sich enorm weiterentwickelt. Das Skitourengehen ist im Breitensport angekommen und es werden von Jahr zu Jahr mehr, die sich für das Skitourengehen begeistern. Warum? Wenn Sie mich fragen: Es ist das enorm hohe Glücksgefühl, das man bei jeder Tour immer wieder erlangen kann.

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