Philipp Decker: Tirols erster Brotsommelier im Gespräch
Mit "Laib" und Seele
Wir haben Tirols ersten Brotsommelier Philipp Decker in seiner Backstube in Waidring besucht und uns in die Welt von Sauerteig und Co. entführen lassen.
Als wir Philipp in der Bäckerei Decker in Waidring im PillerseeTal besuchen, sitzt er gerade gemeinsam mit seiner Familie um den Esstisch in der Küche. Der junge Brotsommelier, sein Vater Christian, Mama Elisabeth und die jüngere Schwester Lara sind dabei, die Aufgaben für den kommenden Tag zu verteilen. Es wird besprochen, was zu tun sein wird, wie viel gebacken werden muss, wohin die verschiedenen Lieferungen gehen sollen und was neben dem Geschäftlichen noch ansteht. Dabei merkt man sofort: Hier ist nicht nur ein eingespieltes Team am Werk, hier sitzen Familienmitglieder, die einen wertschätzenden Umgang pflegen, auch miteinander lachen können und die Bedürfnisse der anderen ernst nehmen.
Bäcker- und Konditormeister Philipp Decker aus Waidring darf sich erster Tiroler Brotsommelier nennen.
Rückhalt aus der Familie
Philipp erinnert sich gern an seine Kindheit: „Beim Aufwachsen jederzeit freien Zugang zu einer Backstube zu haben, ist einfach herrlich“, schwärmt der Bäckermeister. „Dort durften wir Brotreste verwerten, Teig weiterverarbeiten und natürlich konnten wir heimlich Gebäck stibitzen.“ Bei der Erzählung lacht er seine Mama an, die schmunzelnd nickt. Elisabeth ist für sämtliche administrativen Tätigkeiten im Betrieb tätig, kümmert sich um das Büro, hilft beim Liefern und packt mit an, wo ‚Not an der Frau‘ ist. In besonders arbeitsintensiven Zeiten, wie zum Beispiel vor Weihnachten oder Ostern, helfen auch die beiden Schwestern Lara und Romina mit, die sich eigentlich beruflich anderweitig orientierten. Auch Philipp hat sich unterschiedliche Berufe angesehen, als es nach der Schule darum ging, sich für eine Ausbildung zu entscheiden. Letztlich war für ihn aber klar, dass er Bäcker werden möchte.
Bäckerkunst mit Tradition
„Als mein Sohn mit seiner Lehre begann, habe ich entschlossen, eine eigene Bäckerei zu eröffnen“, schenkt uns Papa Christian einen Einblick in den Werdegang des Betriebs. Der gelernte Bäcker war bis dahin 20 Jahre lang in verschiedenen Berufen tätig. Philipp, dem von Beginn an das volle Vertrauen seiner Eltern gewiss war, sollte zu gegebener Zeit in die Bäckerei einsteigen. Sowohl die Belieferung der Hotellerie und Gastronomie als auch die Versorgung von Privatkunden bildete von Anfang an Christians Erfolgsrezept. Letztere stellt nach wie vor das Hauptgeschäft dar. Während Philipp die Lehre absolvierte und im Anschluss daran den Meisterbrief als Bäcker und Konditor erlangte, wuchs der Kundenstock der Bäckerei Decker stetig weiter. Nach Abschluss seiner Ausbildung war es für Philipp an der Zeit, in der elterlichen Backstube mitzuarbeiten.
In der Familie Decker dreht sich beruflich (fast) alles ums Brot.
Ausbildung im Fokus: Erster Tiroler Brotsommelier
„In meinem Alltag als Bäcker wurde mir nach einiger Zeit bewusst, dass ich noch mehr erreichen möchte. Ich wollte mein Wissen weiter ausbauen und vertiefen“, erzählt Philipp. Was für ein Glück, dass er durch die Bekanntschaft mit Österreichs erstem Brotsommelier Christopher Lang auf diese einzigartige Ausbildung in Baden-Württemberg stieß. Kurze Zeit später war Philipp für den zehnmonatigen Kurs, den es mit einer aufwendigen Projektarbeit abzuschließen gilt, angemeldet. Dort lernte er alles über die Geschichte des Brotes, über die weltweit unterschiedlichen Brotsorten sowie über das sogenannte Pairing – also die Verbindung der Backwaren mit Wein, Bier oder Käse.
Roggen Roll
Als Brotsommelier zählt man zu den Experten auf dem Gebiet der Backware und als solcher kommt es vor allem auch darauf an, ein Brot entsprechend präsentieren zu können. Neben anderen Schwerpunkten bildete dies die Königsklasse der Ausbildung. „Bei der Brotpräsentation geht es darum, Kruste und Krume, das ist das Innere des Laibs, zu erklären und Verzehrempfehlungen abzugeben“, erklärt uns der Profi. Für seine Abschlussarbeit hat sich Philipp etwas Besonderes einfallen lassen. Er kreierte sein eigenes Brot: das Waldstauden Roggenbrot. Außerdem entwickelte er verschiedene Kombinationen, bei denen der Brotteig vor dem Backen beispielsweise mit Gröstl oder Knödelteig vermischt wird. Eine weitere Eigenschöpfung á la Brotsommelier Decker: Das einzigartige Löffelbrot, welches aus Brotresten besteht und – erhältlich in einer nachhaltigen Verpackung – in ein Heißgetränk getunkt, noch warm genossen wird
Der Brotsommelier experimentiert gerne und kreiert laufend neue Brotvariationen.
Viel vor in der Zukunft
Der junge Waidringer steckt voller Energie und Tatendrang, was seinen Beruf betrifft. Er plant, seine Backstube zu vergrößern und eine neue Produktionsstätte aufzubauen. Außerdem möchte der Brotexperte auch in der Aus- und Fortbildung aktiv tätig sein. Regionale Kurse bietet Philipp bereits an. Aber auch Themenabende wie zum Beispiel „Brot & Wein“, „Brot & Bier“ oder „Brot & Whisky“ zu veranstalten, schwebt ihm vor. Darüber hinaus möchte er sich in der Ausbildung zum Brotsommelier, die seit Anfang 2022 auch in Österreich angeboten wird, aktiv einbringen. So schnell wird ihm also nicht langweilig und im PillerseeTal wird man bestimmt noch viel von Philipp, dem ersten Brotsommelier Tirols, hören.
Den Moment, in dem er ein frisches Brot aus dem Ofen nimmt, genießt der junge Waidringer tagtäglich aufs Neue.
Beim Brotsommelier zu Besuch
Im Frühjahr 2022 hat sich Philipp den Traum vom eigenen Geschäft verwirklicht. Direkt am Dorfplatz in Waidring findet man ab Mitte Mai das Café Decker und kann sich von Dienstag bis Sonntag mit frischen Köstlichkeiten vom Brotsommelier eindecken.
Geheimtipps vom Experten im Video
Was den Bäckerberuf für ihn so besonders macht, erzählt Philipp im Video. Außerdem gibt der Experte hilfreiche Tipps zur richtigen Brot-Aufbewahrung.
Rezepttipp vom Brotsommelier
Das wahrscheinlich einfachste Brot der Welt
Guten Morgen Brot
Zutaten:
450 g Weizenmehl Type 700
100 g Roggenmehl Type 960
12 g Salz
2 g frischer Germ/Hefe
420 g Wasser
Zubereitung
- 1) Alle Zutaten kurz verrühren. Kein Kneten notwendig, die Komponenten müssen nur vermischt werden.
- 2) Dann die Schüssel mit Frischhaltefolie abdecken und für 12 bis 15 Stunden bei Zimmertemperatur stehen lassen. Der Teig bekommt zahlreiche kleine Luftbläschen und wird weich. Das soll so sein.
- 3) Den Backofen auf 250° Ober-/Unterhitze vorheizen und dabei eine Backform (Gusseisen-, Emaille-, oder Tontopf) vorbereiten (mit erhitzen).
- 4) Teig auf die bemehlte Arbeitsfläche stürzen und grob zu einer Kugel formen. Das geht am besten mit einer Teigkarte. Die weiche Kugel auf ein Backpapier legen und mit dessen Hilfe in die heiße Backform heben
- 5) Falls ein Deckel vorhanden ist, diesen drauflegen und die Temperatur direkt auf 210 °C zurücknehmen.
- 6) Das Brot bei geschlossenem Deckel 30 Minuten backen.
- 7) Anschließend Deckel abnehmen und das Brot weitere 15 bis 20 Minuten goldgelb fertig backen, bis es die gewünschte Krustenfarbe angenommen hat.
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Als waschechte Tirolerin liebe ich alles, was unser wundervolles Fleckchen Erde so besonders macht: Die atemberaubende Bergwelt, die einzigartigen Traditionen und all die spannenden Geschichten, die sich dahinter verbergen. Darüber zu schreiben zählt zu meinen großen Leidenschaften. Besonders in den Bann ziehen mich „bärige“ Geschichten aus dem PillerseeTal. Mehr Details