Sicher am Limit

Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr – in einem engagierten Schulprojekt werden Kinder für das Skifahren im freien Gelände begeistert und für die alpinen Gefahren sensibilisiert.

Freeriden, das Skifahren oder Snowboarden abseits präparierter Pisten, ist weit mehr als eine Wintersportart. Es ist eine Leidenschaft, die Freiheitsliebende in die unberührte Natur zieht. Für viele ist es die ultimative Ausdrucksform auf Schnee, eine Symbiose aus Sport und Abenteuer – die aber auch viele Gefahren birgt. In Fieberbrunn, im Herzen des Freeride-Mekkas PillerseeTal, haben Didi Tengg und Markus Ehrensperger – Sportlehrer der örtlichen Mittelschule – vor drei Jahren eine einzigartige Initiative ins Leben gerufen. Mit ihrem Schulprojekt begeistern sie Kinder schon in jungen Jahren für das Skifahren im freien Gelände, wecken die Freude am Sport und schärfen gleichzeitig das Bewusstsein für die damit verbundenen Gefahren.

Im Einklang mit der Natur: Zukünftige Freeride-Enthusiasten stehen im PillerseeTal bereit, ihre Fähigkeiten im Umgang mit den Bergen unter der Anleitung ihrer Mentoren zu schärfen – ein Schultag der besonderen Art.© Didi Tengg

Im Einklang mit der Natur: Zukünftige Freeride-Enthusiasten stehen im PillerseeTal bereit, ihre Fähigkeiten im Umgang mit den Bergen unter der Anleitung ihrer Mentoren zu schärfen – ein Schultag der besonderen Art.

Neue Generation

Die Idee, Schülerinnen und Schüler mit den Gefahren des freien alpinen Geländes vertraut zu machen, entstand im Rahmen der alljährlichen Schulsportwochen, bei denen Freeriden immer mehr zum Thema unter den Kindern wurde, erzählen die Sportlehrer: „Bei uns im PillerseeTal wachsen die Mädchen und Buben mit Skifahren und Snowboarden auf und wollen dann auch einmal in den Tiefschnee“. Nicht zuletzt der Stopp der legendären Freeride World Tour in Fieberbrunn hat dazu beigetragen, dass die einstige Nischensportart ein breites Publikum begeistert. Die Athleten, die sich mit Eleganz und Wagemut steile Hänge hinunterstürzen, inspirieren eine neue Generation von Skifahrern und Snowboardern, die ihr eigenes Abenteuer sucht.

No risk but fun!

Abenteuer ja, Gefahren nein – so lautet das Motto des Schulprojektes. Didi Tengg, selbst Vater von drei Söhnen, sieht es als seine Pflicht, präventiv zu wirken: „Es ist wichtig, den Kindern von Anfang an die Gefahren im freien alpinen Gelände bewusst zu machen. Hier müssen wir als Sportlehrer unser Bestes geben, um Unfälle zu vermeiden.“ Die Begeisterung der 12- bis 14-Jährigen für das Projekt ist groß – neben Prüfungen und Lernstress „opfern“ sie dafür gerne ihre Freizeit.

blog-freeriden-schueler© Didi Tengg

Gemeinsam lernen, gemeinsam wachsen: Schülerinnen und Schüler auf ihrem Weg durch die verschneite Landschaft, bereit für die spannenden Lektionen im Freeriden und den Respekt vor der Natur.

Zuerst die Theorie, dann die Praxis

Je nach Schneelage wird vor oder nach Weihnachten gestartet. Zwischen 20 und 25 Kinder werden in rund 15 Stunden auf das Abenteuer Freeriden vorbereitet. Wie können Lawinen abgehen? Welchen Einfluss hat das Wetter auf die Stabilität des Schnees? Wie entsteht eine Schneedecke? Wie lese ich einen Lawinenlagebericht? Welche Ausrüstung brauche ich? Das und vieles mehr lernen die Schülerinnen und Schüler in Theorie und Praxis. „Wir beginnen mit einem Online-Kurs, in dem die Grundlagen vermittelt werden. Dann üben wir mit Lawinensuchgeräten im Tal, bevor es ins freie Gelände geht“, erklärt Didi Tengg.

„Lieber einmal zu viel fragen, als dass etwas passiert – das versuchen wir ihnen beizubringen“Didi Tengg, Sportlehrer Neue Mittelschule Fieberbrunn

Im freien Skiraum werden die beiden Sportlehrer und ihre Schützlinge von erfahrenen Skiguides begleitet. Die Kinder lernen, sich richtig zu verhalten, Risiken abzuwägen und im Zweifelsfall unbedingt nachzufragen – sei es bei einem Skiguide, beim Liftpersonal oder im Sportgeschäft. „Der eine Hang ist an einem Tag befahrbar, der andere nicht. Das erfordert auch viel Erfahrung, die Kinder nicht haben können. Lieber einmal zu viel fragen, als dass etwas passiert – das versuchen wir ihnen beizubringen“, sagt Tengg.

Die nächste Generation von Freeridern steht bereit: Die fröhliche Klasse mit Lehrer Didi Tengg, eingehüllt in die Wärme der Wintersonne, festigt ihre Bindung zur Bergwelt und zum Geist des Freeridens© Didi Tengg

Die nächste Generation von Freeridern steht bereit: Die fröhliche Klasse mit Lehrer Didi Tengg, eingehüllt in die Wärme der Wintersonne, festigt ihre Bindung zur Bergwelt und zum Geist des Freeridens

Auge in Auge mit den Profis am Wildseeloder

Jährlicher Höhepunkt für die jungen Projektteilnehmenden ist die Einladung zum Stopp der Freeride World Tour in Fieberbrunn. Hier haben die Kinder die einmalige Gelegenheit, die weltbesten Freerider hautnah im Gelände zu erleben. Sie können mit den Profis das ein oder andere Wort wechseln und bekommen Einblicke in die Arbeit der Bergrettung. Einige Schülerinnen und Schüler haben sogar richtig Feuer gefangen und nehmen mittlerweile selbst erfolgreich an Freeride-Contests teil. So gewann der Fieberbrunner David Tschurtschentaler, ein ehemaliger Schüler der Mittelschule, 2022 den Juniorbewerb der Freeride World Tour an seinem Hausberg, dem Wildseeloder.

FWT_FB_2024 (c) Sebastian Astl-19© Sebastian Astl

Im März 2025 ist es wieder soweit – die Freeride World Tour macht Station in Fieberbrunn, dem einzigen Stopp im deutschsprachigen Raum. Eine unvergessliche Woche voller Gänsehautmomente & exklusiver Einblicke in die Welt des Freeridens.

Freeriden ist ein Lebensgefühl

Der Weg in den Spitzensport ist erfreulich, das primäre Ziel des Schulprojekts bleibt aber die Prävention, betonen Didi und Markus. Die beiden Sportlehrer sorgen mit dem Freeride-Projekt nicht nur für „Lebenskunde“ abseits des Schulalltags und motivieren zum Sport, sondern inspirieren vielleicht auch den einen oder anderen, sich bei der Bergrettung zu engagieren – und so schließt sich der Kreis des Zusammenhalts im PillerseeTal. Freeriden ist eben nicht nur eine Sportart. Es ist ein Lebensgefühl. Während die Rider der Freeride World Tour nach der perfekten Line suchen, arbeiten Markus Kogler und sein Team im Hintergrund daran, ein Höchstmaß an Sicherheit zu bieten Ihre Aufgabe ist es, im Vorfeld alle Risiken zu minimieren, die Rider über Gefahrenstellen aufzuklären und im Ernstfall mit einem durchdachten Rettungskonzept für rasche Hilfe zu sorgen.

Unter blauem Himmel und der Führung erfahrener Lehrer bahnen sich die jungen Abenteurer ihren Weg durch den frischen Tiefschnee, wo jede Spur die Geschichte ihres Lernens und Erlebens schreibt© Didi Tengg

Unter blauem Himmel und der Führung erfahrener Lehrer bahnen sich die jungen Abenteurer ihren Weg durch den frischen Tiefschnee, wo jede Spur die Geschichte ihres Lernens und Erlebens schreibt

Extrem anspruchsvolles Gelände

Selbst für die weltbesten Freerider ist der Nordhang des Wildseeloders eine echte Herausforderung – mit einem Gefälle von bis zu 70 Grad und einem Höhenunterschied von stolzen 620 Metern wartet äußerst anspruchsvolles Gelände. Sicherheit ist daher oberstes Gebot. Im Falle eines Unfalls sind rund 12 Bergretter sowie ein Notarzt oder Notfallsanitäter vor Ort. Ein Rettungshubschrauber steht ebenfalls bereit. Die Einsatzkräfte sind an verschiedenen Stellen am Contestface am Wildseeloder positioniert, um schnell eingreifen zu können.

Ab dem ersten Schneefall werden die Schnee- und Wetterverhältnisse beobachtet, um kritische Entwicklungen am Berg zu erkennen und Maßnahmen zu setzen. So werden etwa Lawinensprengungen durchgeführt oder nicht befahrbare Zonen abgesichert.

Es gibt ein bis ins Detail ausgearbeitetes Risikomanagement, das auf drei Säulen aufgebaut ist: Gelände – Verhältnisse – Rider. „Die meisten denken, dass die größte Gefahr eine Lawine ist, aber das stimmt nicht“, erklärt Markus Kogler. Es ist der Rider selbst: „Erfolgsdruck und Selbstüberschätzung sind hier manchmal keine guten Partner, aber durch das Judging können wir hier vieles sehr gut steuern.“

Am Gipfel der Möglichkeiten: Freerider teilen ein Moment der Ruhe während die aufgehende Sonne das PillerseeTal in ein goldenes Licht taucht.© Mathäus Gartner

Am Gipfel der Möglichkeiten: Freerider teilen ein Moment der Ruhe während die aufgehende Sonne das PillerseeTal in ein goldenes Licht taucht.

Freeride World Tour

Seit über zehn Jahren präsentiert die Freeride World Tour die besten Freerider der Welt. Vom 7. bis 13. März 2025 ist Fieberbrunn im Pillerseetal wieder einziger Stopp der Freeride-Königsklasse, der Freeride World Tour, im deutschsprachigen Raum.Die weltbesten Rider stürzen sich dabei vom Gipfel des Wildseeloders – den sie zuvor in rund 40 Minuten bezwingen müssen. Das Publikum kann die waghalsigen Lines der Freerider im Contestvillage bei den Wildalmen live verfolgen. An der Talstation der Bergbahnen Fieberbrunn sorgt das Event Village von 7. bis 9. März mit Live Musik, DJ Sounds, Skitests, Opening & Prize Giving Ceremonies, uvm. für Freeride Vibes.

Contest geplant: 08. März – Wetterfenster 8.-13. März

Die Kunst des Freeridens: Ein Skifahrer gleitet durch das perfekte Weiß des PillerseeTals, eingefangen im Spiel von Licht und Schatten, ein Echo der Eleganz, die auf der Freeride World Tour bewundert wird.© Mathäus Gartner

Die Kunst des Freeridens: Ein Skifahrer gleitet durch das perfekte Weiß des PillerseeTals, eingefangen im Spiel von Licht und Schatten, ein Echo der Eleganz, die auf der Freeride World Tour bewundert wird.

Johanna

Johanna

Als langjährige Journalistin einer regionalen Wochenzeitung liebe ich es, gute Geschichten zu erzählen. Am liebsten schreibe ich über Dinge, die mir selbst Freude bereiten - wie über die Menschen und Ereignisse im schönen PillerseeTal. Als Tirolerin bin ich sehr naturverbunden, reise jedoch auch gerne in der Welt herum. Fest steht für mich eines: Es gibt keinen „bärigeren“ Ort als Tirol. Mehr Details

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