S'Christkind zu Weihnachten am Bauernhof
Und wie Hans und Herma weihnachtliche Träumereien am Leben erhalten
„’s Christkindl, moan i, fühlt sich wohl da in“, sagt Hans Schipflinger vor seinem Fragenstätt-Bauernhof in Kirchberg, als sie das Kleine, das sie vom Dorf heraufgetragen haben, in die Wiege der Krippe legen. Die zahlreichen Besucher sind zwei Tage vor dem letztjährigen Heiligen Abend seiner Einladung zur Herbergsuche gefolgt. Viele sind gekleidet wie Hirten, in Lodenmänteln, mit Haselnuss-Stecken und Laternen, ein Bild wie aus einem schönen, alten Heimatfilm. Nur echt eben. Neben dem schimmernden Stern von Bethlehem stimmen die Bläser am Balkon eine Weihnachtsweise an. Dann freut sich auch Hans über die vielen, ihn unterstützenden Akteure - die Kinder der Volksschule führen ein wundervolles Krippenspiel auf, die Anklöpfler spielen Marias und Josefs Geschichte in Bethlehem nach, und auch eine Singgruppe und vorgetragene Gedichte führen die Gäste ganz nah an Weihnachten heran.
Weihnachen ist für Hans und seine Frau Herma die schönste Zeit. „Guat, dass es Jahr damit abschließt“, erzählt er, als ich die beiden am Hof aufsuche. „Da wird wieder alles ins rechte Licht g‘ruckt“. Die Herbergsuche zu veranstalten, haben sich viele von ihm gewünscht. „Die Leut‘ wollen wieder die Schlichtheit, das Urtümliche“, empfinden so ein Beisammensein als das schönste Weihnachtsgeschenk. Es ist die Sehnsucht der Menschen nach alten Riten, nach dem Einfachen im digitalen Zeitalter von Schnelllebigkeit und Überlastung. Zurück zur Natur, zur Stille. „Du musst von eppas g‘fangt werden, was di vom Alltag wegbringt, wenn a nur für a kurze Zeit“. Dass es die Veranstaltung so lange geben würde, dachte im Jahr 2000 keiner, als Hans, Schiessl Pep und Hechenberger Christian die Herbergsuche ausheckten.
Weihnachen ist für Hans und seine Frau Herma die schönste Zeit. „Guat, dass es Jahr damit abschließt“, erzählt er, als ich die beiden am Hof aufsuche. „Da wird wieder alles ins rechte Licht g‘ruckt“. Die Herbergsuche zu veranstalten, haben sich viele von ihm gewünscht. „Die Leut‘ wollen wieder die Schlichtheit, das Urtümliche“, empfinden so ein Beisammensein als das schönste Weihnachtsgeschenk. Es ist die Sehnsucht der Menschen nach alten Riten, nach dem Einfachen im digitalen Zeitalter von Schnelllebigkeit und Überlastung. Zurück zur Natur, zur Stille. „Du musst von eppas g‘fangt werden, was di vom Alltag wegbringt, wenn a nur für a kurze Zeit“. Dass es die Veranstaltung so lange geben würde, dachte im Jahr 2000 keiner, als Hans, Schiessl Pep und Hechenberger Christian die Herbergsuche ausheckten.
Träumereien und Kindheitserinnerungen
Das Christkind in der Wiege, die Erinnerung von Hans, 1950 als eines von fünf Fragenstätt-Kindern geboren, ist der Auslöser für seine Liebe, weihnachtliche Träumereien weiter zu pflegen. „A weißes Gwand hat’s Christkindl ug’habt“, erinnert er sich. „Flügel dru, und so g‘schwebt is“. Und natürlich hat auch Klein-Hansl seine Wünsche auf einem Zettel auf die Fensterbank gelegt, damit das Christkind ihn im Vorbeifliegen mitnimmt. „Wir hätten aber nie an Wunsch geäußert, der nit erfüllbar g‘wesen wär“. Man hat sich schon über Äpfel und Kekse gefreut, vielleicht ein Paar Socken oder eine Kappe. Nicht mal Skier. „Ma war a als Kind bescheiden. Aber das war a schön“. Es ging mehr ums spannende Warten, ob die Wünsche erfüllt werden.
„A paar Tag vor Heiligabend war die Kammertür zug‘sperrt. I hu mi nit amoi den Schlüssl einitoa traut“. Dafür haben sie des Nachts gespäht, ob ein Zeichen vom Christkind, ein Licht vielleicht, zu entdecken ist. „Und ab und zua is irgendwo a Lametta g’leg‘n oder ein Engelhaar. Wahnsinnig! Des is scho a Anzeich’n g‘wesen, dass was da is“.
Auch Herma erinnert sich gern an ’s Christkind: „I hu ma mal sämtliche Bücher für die Schul g’wünscht. Weil i denkt hu: Wenn’s mir das Christkindl bringt, brauchen mir’s die Eltern nit kauf’n“. Denn man wusste, dass die kein Geld haben. „Wo hätten sie’s hernehmen sollen? Des bissl Butter, des verkauft worden is“. Und gefreut hat sich die Kleine, „weil’s Christkindl alle Bücher unter den Christbaum g’legt hat“. Da wo Herma aufgewachsen ist, am Bergbauernhof hoch oben in Gasteig, Kirchdorf, ist das heilige Kind aber auch verdächtigt worden! Da hieß es: „’s Christkindl hat uns die Keks g’stohlen!“, weil es genau dieselben waren, die sie gebacken hatten. Aber man wollte dem Kindl auch nicht Unrecht tun, konnte ja auch sein, dass es die gleichen Keksausstecher benützte, die es im Geschäft zu kaufen gab.
Was sie in der Stadt alles haben, der Verkaufs- und Halogen-Lichterketten-Irrsinn, den Santa Claus, gesponsert von Coca Cola, darüber schütteln sie auf Fragenstätt den Kopf. „Damit geht nur der wahre Sinn von Weihnachten verloren. Wir ham eigentlich alles“. Man soll den Kindern das Christkind und seine Bedeutung als neugeborener Christus niemals nehmen. In der Weihnachtskrippe sehen wir die Darstellung der drei Weisen, die dem Gotteskind ihre Geschenke bringen. „So is es ja entstanden“, sagt Hans, den Krippen schon von klein auf begeisterten. „Dann haben sie’s umgedreht und g‘sagt: das Christkindl bringt uns Geschenke. Kindliches solle man immer in sich tragen", meint Hans. „Sonst flaut man ab“. Und auch eine gewisse Weichheit. „Weil es sollt nit oiwei so hart hergehn im Leben“.
Höhen und Tiefen muss man durchstehen
Zu Weihnachten denkt man auch gern übers Leben nach. Als Hans ein bissl älter war, nahmen ihn die Nachbar-Buben mal nach Gasteig mit, wo Hermas Eltern eine Jausenstation führten. Die Tochter hat ihm gefallen, und die Umstände waren günstig: „Wenn ma a Landwirtschaft hat, muass ma sich amoi kümmern, dass man Verstärkung kriegt“. 1972 haben sie geheiratet. In bald 45 Ehejahren hat man gemeinsam Höhen und Tiefen durchlebt. „Die muass ma durchsteh‘n“, sagt Hans, „Und nit alles auf die Waagschale legen, dann haltest z’samm“. Es drückt ihn nur, dass er so viel unterwegs war als Gemeinde-Funktionär, Raiffeisen-Vorstand oder auch 42 Jahre lang als Musikant. „I hab nur roasen können, weil dann dahoam die Frau g’arbeitet hat“. So würden eher ihr und der Familie die meisten seiner Medaillen oder Urkunden zustehen.
Drei Kinder haben sie bekommen, Hermi, Georg und Andrea, die ihnen auch ihre Enkelkinder Anna-Sophie und Johannes bescherten. Das Schönste für Herma als Bäuerin ist: „Ma hat die Kinder oiwei da. Sie wachsen da auf, und ma‘ sieht alles, was sie am Hof mitkriegen, das Leben mit den Viechern“, den Haustieren, Kühen, Pferden, Schafen.
Das Schlimmste aber war, als ihre Tochter Hermi einen schweren Motorradunfall hatte, als Beifahrerin ihres damaligen Freundes, der unverschuldet in einen Traktoranhänger krachte. „Sie is a Zeit lang zwischen Leben und Tod g’wesen“, erzählt Herma, wurde dann lange in einen Tiefschlaf versetzt. Milz und Galle mussten entfernt werden, Serienrippenbrüche, Beckenzertrümmerung, eine Gehirnblutung und drei Kopfoperationen. Herma fährt einen Monat lang jeden Tag in die Klinik, um ihrer scheinbar schlafenden Tochter beizustehen. „Des tuat dir so weh als Eltern“, sagt Hans. Es droht der Rollstuhl, „Aber da hamma a Glück g’habt“, auch wenn ihre Tochter heute noch, gut 20 Jahre danach, an den Folgen leidet. Nach Fragenstätt kommt Hermi aber fast täglich, weil sie ihr Dahoam und die Pferde so sehr liebt.
Unendliche Freude haben Herma und Hans, der den Hof im Vorjahr an seinen Sohn Georg übergeben hat, mit ihren Enkelkindern. „Da vergisst du alles, da leben wir wieder auf, wenn sie da sind“, so Herma. Und überhaupt: das Familienleben am Bauernhof, „des kust nit aufwieg’n, das kust in einer Stadt nit haben“. Das ist auch mit Geld nicht auszugleichen. „Ma muass den Lebenswert a sehn“, wenn auch viele meinen, das Bauernleben bringt nicht mehr genügend ein. „A bissl a Bescheidenheit schadet dem Menschen a nicht“, ist Hans überzeugt.
Der Bauer denkt gern an die Anfänge hier am Hof zurück: „Wie sich die Leut‘ da eigentlich a für mi geplagt haben, damit i und mei Familie heut da wohnen dürfen. Und die haben nie so a gute Zeit g‘habt wie wir“. Das Erbe der Vorfahren verwalten und für die nächste Generation bestmöglich aufbereiten, „das is unser Auftrag. Wir sind ja nur für einen Abschnitt vom ganzen Leben am Hof verantwortlich. Das bin i dem Hof schuldig“. Sein Respekt für die Vorfahren spiegelt sich auch in seiner Liebe für die alten Sachen wieder. „Jedes alte Stück hat mi begeistert“, verrät er. „Da hu i in der Nacht träuma u‘gfangt: Wie is des entstanden? Wie ham die das machen können mit so oafache Mitteln?“
Der Backofen hat in ihm die Liebe geweckt
Auch das alte Backofenhäusl benützen Hans und Herma nach langer Auszeit wieder, etwa zum Kletzenbrot backen. „Des war früher oans vom Schönsten“, schwärmt Hans. „Wenn wir von der Schul‘ hoamkemmen sind, der unheimliche Duft, Wahnsinn! Deswegen hat unser Backofen bei mir die Liab g’weckt. Der kunt viel verzählen, der hat a große Seele“. Wie den Ofen hat Hans auch die Kapelle, in der die Weihnachtskrippe steht, erhalten. „Sie is eigentlich der Mittelpunkt vom Hof, von ihr geht der Friede aus. A guats Platzl, wo ma sich wohlfühlt und wo ma für alles Danke sagt“. Zu Weihnachten haben Religion aber auch Persönliches mehr Bedeutung. „Unstimmigkeiten ku ma da besser auflösen. Wenn ma beim Z’sammhucken hoangaschten u‘fangt, is glei alles nimma so tragisch, und ma versteht sich wieder besser“.
Ein paar Schritte zurückgegangen
Weihnachten ist für Hans eine sehr emotionale Zeit. „Da geht ma eher auf“. Und wenn sich bei der Herbergsuche seine Gefühle bei den Darbietungen auch auf die Besucher übertragen, wird ihm warm ums Herz. Das alles den Kindern vermitteln, sie aktiv, etwa im Krippenspiel, teilhaben lassen, ist Hans enorm wichtig. Dem zuzusehen, „des tuat ma wohl. Sowas brauch ma notwendig in der heutig‘n Zeit. I moa, jetzt simma glatt a paar Schritt z‘ruckgangen, a in die frühere Zeit. Und des is a diam wichtig“. Auch das Christkindl scheint nun aus der Wiege herüber zu äugen zum Hans. Und es sieht wirklich so aus, als würde es sich sehr wohlfühlen, hier. Es wird uns allen Segen bringen, zu Weihnachten und im nächsten Jahr. Und wenn es auch heuer wieder nach Fragenstätt kommt, „tät ins narrisch g’frein“.
TEXT: EDUARD EHRLICH
FOTOS: CHRISTOPH WÖRLE
ERSCHEINUNGSDATUM: NOVEMBER 2016
Wolfgang Flandorfer
Antworten
Eine sehr interessante Seite.. Aber ich habe eine ganz andere Frage: Ich gestalte die (vierteljährlich erscheinende) Zeitung des katholischen Pfarrverbandes "Am Jakobsweg-Weinviertel" (5 Pfarren rund um Stockerau in Niederösterreich, ca. 10.000 Haushalte, Gratisverteilung) und war auf der Suche nach einem Titelbild für unserer Weihnachtsausgabe. Das Bild untertietelt "Hausherr Hans bei der Herbergsuche" hat unserem Team besonders gut gefallen (Foto: Christoph Wörle, November 2016). Ich wollte daher bitten und anfragen, ob wir das Bild (auf ein Quadrat zugeschnitten) für unsere Titelseite verwenden dürfen. Die erste Ausgabe unserer neuen Pfarrverbandszeitung (September 2018) sehen Sie hier. Das Layout der Titelseite ist immer ähnlich. Natürlich würden wir die Quelle des Bildes nachIhren Wünschen angeben (nur Autor oder Autor und Webseite, etc.). Bitte um Ihre baldige Antwort Mit lieben Grüßen Wolfgang Flandorfer Redaktion Print und Web in der katholischen Pfarre Stockerau. PS.: Die Zeitung wird vom gesamten Redaktionsteam ehrenamtlich gestaltet.
Rosa Hetzenauer
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Ich habe schon einige Male bei der Herbergsuche ausgeholfen und es war immer eine wunderschöne besinnliche Stimmung wo die Leute von ihrem Alltag für ein paar Stunden runterkamen.
Christel Braunagel
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Es ist mir eine große Freude, von Hans und Herma Schipflinger auf Fragenstätt zu lesen, zu sehen. Ich kenne beide persönlich, ist aber sehr lange her. Mein verstorbener Mann, unser Sohn Andreas und ich waren in den Jahren 1978 bis 1982 auf dem Fragenstätt-Hof in Urlaub. Das waren damals noch bescheidene Urlaube, aber wir fühlten uns immer wohl bei Herma und Hans mit ihren Kindern. Leider ist unsere Verbindung abgerissen, aber ich habe diese Zeit und diese liebenswerten Menschen nicht vergessen!.