Almauftrieb - Wenn die Kühe auf die Alm gehen

Sommerfrische in den Bergen

Von Mitte Mai bis Mitte Juni startet sozusagen die Urlaubszeit der Tiroler Kühe.

Jahrhundertelang werden in den Bergregionen die Tiere vom Land auf die höher gelegenen Weideflächen getrieben und in letzter Zeit oft auch chauffiert. Aber warum ist das eigentlich so?

Früher lebten die Menschen als Selbstversorger,
und so musste im Tal alles angebaut werden, damit man auch im Winter genug Lebensmittel hatte. Getreide, Flachs, Kartoffeln, Kraut uvm. damit wurden die Äcker bestellt. Die übrige Fläche diente der Ernte für das Futter der Tiere in den Wintermonaten und so war es sehr dienlich, wenn die Kühe im Sommer die schwer zu bewirtschaftenden Flächen weideten.

Die Alminger oder Senner verarbeiteten die Milch meist zu Käse und die Molke wurden den Schweinen gefüttert. So hatte man nebenbei noch kostbare Produkte – Käse und Speck – für die Wintermonate.

Ab auf die Alm

Auch am Hof meiner Eltern heißt es alljährlich für ca. 40 Milchkühe und acht bis zehn Jungtiere – „Ab auf die Alm“. Aber wie kann man sich einen solchen Almauftrieb vorstellen?

Meine Mutter, mein Vater und mein Bruder starten den Tag um ca. 03.30 Uhr. Zunächst werden die Kühe gefüttert, gemolken und gereinigt. Kurz bevor es dann um 05.30 Uhr losgeht bekommen alle Tiere noch ein bisschen von den Heublüten („Bloamach“) des Weihbuschens gefüttert. Der Weihbuschen besteht aus Kräutern und Blumen, die im Sommer des Vorjahres gesammelt werden und am 15. August zu Maria Himmelfahrt, dem „Hohen Frautag“, in der Kirche geweiht werden.

Die zerriebenen Kräuter und Blumen sollen den Tieren Kraft geben und sie auch beschützen. Das „Bloamach“ wird an den Raunächten im Winter und vor dem „G’enoim Geh“ (Almauftrieb) an die Tiere gefüttert.

Eine gute Taktik ist erforderlich

Damit wir die Kühe sicher entlang der Straßen treiben können hilft unser Nachbar, meine Tante, mein Onkel, meine Cousin und meine Schwester mit.
Die Bundesstraße ist der Grund warum wir so früh los starten, denn wenn wir zu spät losgehen kommen wir in die morgendliche Rushhour. Damit hätten die Autofahrer, die Kühe und wir Treiber keine große Freude.

Dann geht’s los. Die älteren Kühe wissen spätestens mit dem Antreffen meiner Eltern zu dieser nachtschlafenden Zeit bereits was los ist und die legen sich schon eine eigene Taktik zurecht. Gemütlich starten lautet die Devise! Die jüngeren Tiere sind aufgeregt und zunächst fast etwas überdreht. Sie machen Tempo und wollen so schnell wie möglich los. Als Treiber muss man da schon recht fit sein, damit man die Truppe zusammenhält und die Kühe einbremst, denn es warten immerhin 10 km Fußmarsch auf die gesamte Truppe.

Entlang der Bundesstraße ist die heikelste Stelle. Hier müssen wir Acht geben, dass kein Tier aus der Reihe Tanzt denn das kann fatale Folgen haben. Beim Dorfbrunnen von Erpfendorf wird meist ein kleiner Boxenstopp eingelegt um die Wasserreserven wieder zu füllen und schon geht es weiter. Sobald wir die Forststraße erreichen ist das gröbste vorbei.

Ab hier würden zwei Personen für die gesamte Kuhtruppe reichen. Meistens gehen aber alle Helfer mit hinauf auf die Alm. Um ca. 08.20 Uhr erreichen als allererster die alten Kühe das Almgebiet - die Taktik hat sich also bezahlt gemacht. Nun wird eifrig das junge Grün gefressen und der Trog leer getrunken ehe es zur verdienten Rast in den Stall geht. Wir genehmigen uns auch ein Frühstück bevor die allgemeine Almarbeit wartet, aber das ist eine andere Geschichte ...

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Martina

16.06.2017 - 00:00

Mich beeindruckt die Vielfältigkeit unserer Natur sowie die Schönheit und das Leben mit allen vier Jahreszeiten. Besonders fasziniert mich unsere Vergangenheit und das Brauchtum der Region. Alte Gepflogenheiten sollen nicht in Vergessenheit geraten und vielleicht noch für die nächste Generation erhalten bleiben. Mehr Details

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