Bergseele mit Fernweh

Manchmal muss man aus seinem bekannten, sozialen Gefüge ausbrechen, um Jahre später die eigene Heimat aus einer neuen Perspektive wiederzuentdecken. Um sich frisch zu verlieben, und um Wurzeln zu schlagen. Für Heimatwege, die sich im Herzen einbrennen.

Ein schwerer Schicksalsschlag veranlasste Karin Exenberger im Alter von sechzehn Jahren ihrer Heimat Kirchberg in Tirol für eine gewisse Zeit den Rücken zu kehren. „Als ich damals meine Mutter verlor, wurde mir plötzlich alles zu eng, zu deprimierend, ich wollte – musste – ausbrechen.“ Als Au Pair ging es für ein Jahr nach London, ein weiterer Zwischenstopp in Wien folgte, schließlich pendelte sie als Flugbegleiterin zwischen Amerika und Australien. „Ich war lange weg von daheim, suchte die Anonymität der Großstädte, aber seitdem ich zurück bin, weiß ich es zu schätzen, wie schön es ist, hier zu leben.“ Die Liebe verschlug sie vom heimatlichen Kirchberg nach Oberndorf in Tirol. Gemeinsam mit ihrem Mann Kurt gründete sie eine Familie, zwei aufgeweckte Jungs – Lucas und Lenny – traten in ihr Leben und stellten dieses gehörig auf den Kopf. „Lange Skitouren mit anschließender Freerideabfahrt im Winter sind aktuell aus Zeitgründen nicht möglich, dafür genießen wir mit den Kindern herrliche Sommertage im Schwimmbad, auf den Bergen oder in den umliegenden Bike-Parks. Denn das Radfahren ist eine Leidenschaft, die Karin schon als Kind für sich entdeckte.

Flow oder Singletrail?

Heute führt sie mit ihrem Mann die Bikeacademy in St. Johann in Tirol, in der Form die erste Mountainbikeschule Österreichs. Dort werden jährlich zahlreiche MTB-Fahrtechniktrainer ausgebildet, für kleine und große Urlaubsgäste warten lässige Touren, Camps und Techniktrainings in jeder Schwierigkeitsstufe. Nach dem Motto „Weg vom Tablet, raus in die Natur“, werden unterschiedliche Kids Bike Camps angeboten. „Wer am Tablet sitzt, hat ja kein Erlebnis. Da wird irgendein Spiel gespielt, was man aber bald darauf wieder vergessen hat. In der Natur am Rad treffen die Kinder Gleichgesinnte und erleben unvergessliche Momente. Freundschaften entstehen, Geschicklichkeit wird trainiert, Körper und Geist spielerisch gefordert.“ Während die Eltern sich beim Wandern oder Radfahren im beeindruckenden Bergreich der Kitzbüheler Alpen auspowern können, sind die Kids bei den Trainern bestens aufgehoben. „Die actionreiche Woche findet mit dem Grand Prix der Bikeacademy, einem Team-Technikbewerb, den krönenden Abschluss.“

Rauf mit der Bahn, runter mit dem Bike

Wenn Karin selbst Zeit zum Abschalten braucht, schnappt sie sich ihr Bike und erobert gerne schwierige Single Trails. Als Aufstiegshilfe setzt sie dabei gerne auf die tolle Infrastruktur der umliegenden Bergbahnen. Ihre Energie spart sie sich lieber für knifflige Abfahrten auf. „Beim Downhill hab ich keinen Platz für andere Gedanken. Da konzentriere ich mich vollends auf die vor mir liegende Strecke, schau voraus, welches Hindernis auf mich wartet, lege den Fokus darauf, wie ich mich platzieren, mein Gewicht verlagern muss, um nicht umzufallen, sondern fehlerfrei durch den Trail zu kommen. In den Kitzbüheler Alpen gibt es so viele Passagen, die man sich Stück für Stück erarbeiten kann. Wenn man solche Ziele letztlich erreicht, schenkt einem dies ein unglaubliches Gefühl der Freude.“

Das Teilen von Glücksgefühlen

Diese Gefühle möchte sie mit ihren Gästen teilen. „Wir Tiroler sind sehr gastfreundliche, offene Menschen. Die Landschaft tut dazu ihr Übriges. Wir haben viele grüne Grasberge, weite Täler und dazwischen als markantes Gegenstück, das Gebirgsmassiv des Wilden Kaisers.“ Eine Landschaft, die eine Vielzahl an Freizeitmöglichkeiten zulässt und natürlich mit der ein oder anderen lässigen Trail-Strecke aufwarten kann. „Sei es der Bike Trail am Hahnenkamm oder die OD Trails im neuen Bikepark in Oberndorf, es gibt einfach unglaublich viele Möglichkeiten, um sich auszupowern und seine Grenzen auszutesten.“

Denn obwohl sie auch das Meer ins Herz geschlossen hat, sind es die Berge, die sie immer wieder aus Neue in ihren Bann ziehen: „Jeder Gipfelaufbau ist verschieden, keiner gleicht dem anderen, man verbindet mit jedem Gipfelkreuz ein individuelles Erlebnis und skizziert dieses vielleicht kurz mit einem Eintrag ins Gipfelbuch. Es sind diese Erinnerungen, diese Momente, die einem das Land schenkt, und welche einen letztlich reich beschenken.“ Reich an Hochgefühlen, reich an Bergfrieden.

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Sabine Ertl

31.05.2021 - 00:00

…Naturmensch mit Leib und Seele. Geboren 1986 in Kärnten, Studium der Medien- und Kommunikationswissenschaften in Klagenfurt. Als freie Journalistin, Texterin und Bloggerin gerne und viel unterwegs. Bergfreak, Pferdenärrin, Neo-Cellistin und Feinschmecker. www.gedankenschmiede.at Mehr Details

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