Die Drei vom Bauhof

Oder warum man in England weiß, ob Thomas, Stefan und Seppi bis 10 Uhr schon mit der Arbeit fertig sind.

Dass im Sommer die Wanderwege frei sind, die Ruhe- und Aussichtsbänke instand gehalten, im Winter die Loipe schon früh morgens frisch präpariert, ... das erwarten nicht nur die Gäste, sondern auch wir Einheimischen. Kaum einmal machen wir uns Gedanken darüber, wer denn dafür sorgt, dass die touristische Infrastruktur, die wir alle nützen, in tadellosem Zustand ist und bleibt. Deshalb holen wir einmal drei dieser „Heinzelmännchen“ vor den Vorhang, es sind drei Mitarbeiter des TVB Bauhofes der Region St.Johann in Tirol.

Wir treffen uns direkt am Bauhof am Hinterkaiser: Seppi Grander, St. Johann, Thomas Sinnesberger aus Kirchdorf, Stefan Trixl aus Oberndorf und meine Wenigkeit. Die „Manda“ haben sich extra für mich am Nachmittag Zeit genommen. Ewig können wir aber nicht plaudern, denn alle drei sind Bauern und müssen zum Füttern heim.

Thomas

Thomas ist Mitglied der BMK Kirchdorf

„Zu de Beuteltiere“, wie es Thomas ausdrückt. Er hat an die 30 Stück Vieh im Stall stehen, ausschließlich vom Bauersein leben kann er nicht. Deshalb war er davor Tischler und ist jetzt schon seit 18 Jahren beim Tourismusverband angestellt. Eigentlich wollte Thomas Zimmerer werden, aber er war nicht schwindelfrei. Um beim Holz zu bleiben, machte er die Ausbildung zum Tischler. Auf die Dauer hielt er es in der Werkstatt jedoch nicht aus. „I håb aussi miassn a de Weid‘. Es hat sich so ergeben, dass er im Sommer im Bauhof arbeitet und im Winter beim Skilift. Um 4 Uhr morgens ist für Thomas Tagwache, er muss in den Stall zum Füttern und Melken. Der Vater und Thomas‘ Frau machen dann fertig, wenn er aus dem Haus und zur Arbeit muss.

Stefan

Stefan im Jahr 1994/95. Er hat 1.200 Schilder selbst produziert, bemalt und aufgestellt.

Stefan hat es als Bergbauer noch ein wenig schwerer, auch bei ihm „is des hoit ois zu wenig, wås des åbschmeißt.“ Auch er war vorher Tischler, bevor er 1992 zum TVB kam. „Des låsst sich besser mit dem Bauersein vereinbaren. Då kann i mir a amoi an Tåg freinehmen zum Heign.“ Dafür ist Stefan, wenn es gilt, aber auch am Wochenende unterwegs und jammert nicht. Er beschwert sich auch nicht darüber, dass er mit der Familie, er hat zwei Mädchen und einen Buben, noch nie in den Urlaub gefahren ist. „Des geht mit de Viecha oafåch net.“ Dafür war er mit dem Tourismusverband in Sachen „Skicross“ in Amerika unterwegs, und mit seiner Herrenrunde, den „Eisbären“, hat er so manch schönen Ausflug erlebt.

Seppi

Seppi beim Bauen im „Moor & More

Seppi war zuerst jahrelang Senner und dann am Bau, bevor er sich vor 32 Jahren entschloss, beim Tourismusverband anzuheuern. Er erinnert sich noch an das Bewerbungsgespräch: „Kust Sasn mahn?“ „Jå wenns sust nix is“, antwortete Seppi und der Deal war perfekt. Bereut hat er es nie: Des is a bärige Arbeit, und wenns zum Heign is, dånn ku i ma frei nemma.“ In all den Jahren hatte Seppi immer ein tolles Team, „nette Manda, mit denen ma guat z‘såmmårbeiten ku.“

Die „Manda für alles“

Thomas, Stefan und Seppi sind das ganze Jahr draußen unterwegs. Sie räumen die Winterwege, helfen bei der Abwicklung von Veranstaltungen, sie schottern, warten Bänke und Beschilderungen, schauen, dass alles „sauber beinånd ist“. Stefan präpariert im Winter auch noch die Loipe. Die Witterung macht die Arbeit: Starke Gewitter im Sommer bringen eine teure Saison und viel zu tun, im Winter ist viel Schnee der beste Auftraggeber. Spart Frau Holle mit der weißen Pracht, ist es aber auch nicht einfach.

Was immer sie tun: Die Bauhof-Manda sind der Kritik ausgesetzt. Wenn alles in Ordnung ist, dann bemerkt es keiner. Aber wehe, wenn etwas nicht passt. Besonders arg ist es im Winter, erzählt Stefan: „ Um 10e schreien die ersten Gäste, warum da Weg nit gmåcht is.“ Generell ist es inzwischen so, dass bei Stefan gegen 9, 10 Uhr morgens das Handy klingelt und er Auskunft darüber geben muss, welche Wege nutzbar sind und welche nicht. Die Rezeptionistin im Hotel will ja wissen, wo sie ihre Gäste hinschicken kann. „Mit dem Internet heit wissen des die Leit in England oben a scho, ob i bis 10e fertig wordn bin oder nit.“ Brüllendes Gelächter … Die Bauhofmanda nehmen es mit Humor.

Die Landwirte wissen Bescheid

Dass alle drei Landwirte sind, ist von Vorteil. Denn ein Großteil der touristischen Infrastruktur spielt sich auf landwirtschaftlichem Grund ab. Dass es da öfter zu Missverständnissen und Konflikten kommt, ist vorprogrammiert. Thomas, Stefan und Seppi verstehen die Situation und können öfter auch einmal schlichtend einwirken. „Generell sand die Leit heit owa viel aggressiver“, sagt Thomas, Stefan und Seppi nicken. Er beklagt, dass selbst Einheimische kaum über das Bewusstsein verfügen, dass man nicht einfach über fremden Grund gehen oder fahren kann, wenn kein öffentlicher Weg vorhanden ist. Aufklären hilft nicht immer. Es fehlt oft das Grundverständnis der Landwirtschaft gegenüber. Ein Problem ist für alle das Thema Hund: Leider funktioniert das mit dem Gassisackerl nicht wirklich. Und dass dann Grundbesitzer keine Freude haben, ist verständlich. Selber haben alle drei schon mehr als unangenehme Erfahrungen mit „Hunde-Rückständen“ gemacht. „Beim Mahn håts man dåher gschmissn“, erzählt Thomas und deutet ins Gesicht. „Jå, mia a“, werfen die beiden anderen lachend ein, „bei mir iss ins Aug gånga“, sagt Seppi, „und bei mir dåher“, so Stefan und zeigt mit dem Zeigefinger auf die Augenbraue. „Jetzt fåhr i sicher 5 cm hoch“, grinst Stefan und meint, dass er das Gras nicht mehr so dicht am Boden abmäht. Alle lachen, klopfen sich mit den Händen auf die Schenkel. Aber so lustig war’s sicher nicht, als es passiert ist.

Doch es gibt auch viele schöne Erlebnisse. Stefan erzählt vom Skicross Weltcuprennen, das er 5 Jahre lang mitorganisiert hat. Alleine schon das Licht richtig zu installieren, war eine Heidenarbeit. Und dann natürlich Aufbauten, Abbauten, Müllentsorgung, und vieles mehr. „Årbeit bis zum Ånschlag, zum Davurenna“. Åwa wenn ma danåch z‘sammsteht und sicht, dass ois optimal glaffn is, dånn is des scho a schens G‘fühl.“ Stolz ist er auch darauf, dass er bei einem Projekt eine alternative Wegvariante durchsetzte, die bei allen Beteiligten und später bei den Wanderern überaus großen Anklang fand. „Fünf Kilometer Weg håmma gråbn“, „buddelt wie die Scher“, wirft Seppi ein, „åwa es håt si auszoit.“ Als Jäger setzt sich Stefan auch dafür ein, dass das Wild seinen Platz hat.

Thomas hat das längste Wegenetz der drei zu bewältigen. Bei manchen Routen startet er um 6 Uhr morgens, damit er um 6 abends wieder zuhause ist. Stehen Reparaturen an, nimmt er in seiner „Bugglkraxn“ Bohrmaschine, Schaufel und co mit. „Des is scho zach.“ Ihren Humor haben sie bei alldem behalten. Seppi erzählt lachend von einem Zechausflug, der in der Stube seines Kollegen endete. Dessen Frau staunte nicht schlecht, als er am nächsten Morgen am Divan lag und schnarchte. Sie brachte ihn dann nach Hause.

Thomas erinnert sich an einen Amerikaner am Lift, der – gelinde gesagt – Schwierigkeiten hatte, mit dem Schlepper klarzukommen. „Are you ready?“ fragte Thomas den Gast und bekam prompt die Bestätigung: „Yes, I am ready.“ Die Fahrt endete nach einem Meter, Bruchlandung im Schnee. Thomas verkniff sich das Lachen, „des södn mia jå net.“ Beim zweiten Versuch wieder das „Are you ready“ und die Bestätigung. Da lag der Amerikaner plötzlich in Socken vor ihm, Schi und Schischuhe standen wie angewurzelt. Thomas lachte nicht. Beim dritten Versuch „Yes, I am ready“ krachte der Pistenneuling in den Bretterzaun neben der Loipe, alles kaputt. „Dann wår‘s aus mit meiner Beherrschung, i bin fåst platzt vor Låch’n“. Zum Glück gab es ja keine Verletzten …

Die 3 vom Bauhof

Koa staade Zeit

Wie feiern die drei vom Bauhof Weihnachten? Zwischen Heiligabend und Dreikönig spielt es im Schigebiet ja „Rambazamba“. Wie gehen Thomas, Stefan und Seppi damit um? „Weihnachten war früher schon schöner, des wår scho a Umstellung“, räumt Thomas ein. Der 24. Dezember ist für alle ein hektischer Tag. Abends nehmen sich die drei dann aber Zeit für ihre Lieben und feiern daheim in der Stube mit dem Christbaum. In den folgenden 14 Tagen gibt es dann keinen Pardon. „Wenn’s Wetter passt, geht’s eh,“ meint Seppi. Aber generell sind diese zwei Wochen die stressigsten des Jahres, an einen Urlaubstag ist nicht zu denken.

„Am besten war‘s“, meint Thomas, „wenn’s am 10. Dezember an Wuzl Schnee måchat und dånn schens Wetter werat.“ Halten wir den drei die Daumen, dass es heuer so zutrifft. Damit genug Zeit bleibt, in Ruhe alles für die Wintersaison vorzubereiten – für uns und für unsere Gäste „bei ins dahoam“.

TEXT: DORIS MARTINZ
FOTOS: PRIVAT, LINTSCHINGER
ERSCHEINUNGSDATUM: SOMMER 2014

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