Lous und das wilde Gemüse

Auf der Suche nach Giersch, Quendel und Co durchstreift Lous Slob unsere Bergwelt. Wer mag, kann sich ihr anschließen.

„Schau mal, da wächst der Giersch, mein Liebling“, sagt Lous Slob und deutet auf unscheinbares Grünzeug auf einem Stück Wiese oder eigentlich mehr Brachland, das an ihre Gartenbeete grenzt. Sie pflückt eine junge Pflanze, deren längliche Blätter wie gesägt aussehen und hellgrün glänzen, und hält sie mir vor die Nase. Soll ich jetzt abbeißen, oder wie?
„Ja, kannst du, wenn du magst.“ Ich mag. Und bin erstaunt, wie aromatisch der Giersch schmeckt. Roh erinnert er am Gaumen ein wenig an Petersilie. Man kann ihn aber auch blanchieren, dann schmecke er wie Spinat, so Lous. Giersch wächst wie Unkraut, fast den ganzen Sommer über, und ist sehr anspruchslos. Während der Weltkriege sicherte er vielen Menschen die Vitaminzufuhr. Heute versucht man in Gärten oft, ihn loszuwerden. Besser wäre es, ihn aufzuessen, meint Lous.

An ihrer Sprache – Schriftdeutsch mit unverkennbarem holländischen Einschlag und einigen Brixentaler Dialekteinflüssen – ist sie als Niederländerin zu erkennen. Die 67-Jährige kam einst als Jugendliche nach Österreich, um den Sommer über auf einer Alpenvereinshütte im Stubaital auf fast 3000 Höhenmeter zu „jobben“. Sie verliebte sich in den Hüttenwirt und zog später mit ihrer Familie nach Hopfgarten im Brixental, wo sie noch heute wohnt. Als geprüfte Bergwanderführerin belegte sie Lehrgänge in Kräuterkunde und Waldpädagogik und absolvierte die Jagdprüfung. So entwickelte sich die „Flachländerin“ in den letzten 20 Jahren zu einem echten Berg- und Naturfex. So lange schon nimmt sie Gäste mit auf ihre Berg- und Kräuterwanderungen, im Winter bietet sie Schneeschuhwanderungen an.

Verwunschenes Plätzchen

Wenn Lous mit ihren Gruppen eine Kräuterwanderung von Hopfgarten aus hinauf in Richtung Hohe Salve macht, endet die Tour oft in ihrer kleinen „Oase“ unweit ihres Hauses, hier treffe ich Lous zu unserem Gespräch. Die Oase ist ein verwunschenes Plätzchen oberhalb des Sägewerks und der Bahn, umstanden von alten Zedern, Kirschbäumen, Haselnussstauden und Ahorn. Hier hat Lous vor vielen Jahren eine „Freiküche“ gebaut, eine offene Hütte mit Küche, hier stehen auch ein Tisch und mehrere Stühle und der Dreispitz mit dem Kessel über der Feuerstelle. In einem kleinen Biotop schwimmen weiße und rosafarbene Seerosen. Wären da nicht die Geräusche, die vom Sägewerk und der Straße heraufdringen, könnte man meinen, man befinde sich an einem entlegenen Ort, verzaubert, bewohnt von Elfen, Feen – und der „Kräuterhexe“ Lous.

Zu Beginn ihrer Wanderungen hat sie meist schon einige Kräuter und Pflanzen-Kärtchen mit dabei und zeigt sie den Teilnehmern. Damit sie weiß, welche Vorkenntnisse ihre Gäste mitbringen. Erst dann macht sich die Gruppe auf, um nach dem Grünzeug zu suchen – „was man nicht kennt, sieht man nicht!“

Die schönsten Momente sind für Lous, wenn Leute, die die Wanderung quasi nur als „Pflichtübung“, als Teil eines Urlaubspakets, absolvieren, sich für die Kräuter zu interessieren beginnen; wenn sie ihre Begeisterung für alles, was da bei uns grünt und blüht, auf andere übertragen kann. Das funktioniert oft sehr gut.
Einmal meinte ein Mann, ein Manager-Typ, lachend: „Ich hatte nicht damit gerechnet, dass ich mich heute stundenlang so intensiv mit einem Weidenröschen auseinandersetzen würde.“ Die Natur begeistert. Denn Lous versteht es, ihre Faszination, ihre Geheimnisse und Wunderwelten zu vermitteln.

Die Kräuter halten fit

Lous versucht, nie zu viele Arten an Kräutern und Wildgemüse auf einmal zu erklären, um ihre Gäste nicht zu überfordern. Lieber stellt sie ihnen weniger Arten vor, und die dafür ausführlich.
Neben dem Giersch zählen auch Schafgarbe, Brennnessel und Spitzwegerich zu Lous' Lieblingspflanzen. Nicht wegen ihres Aussehens – sie enthalten viele Wirkstoffe, die uns Menschen Gutes tun. Die Brennnessel beispielsweise ist eine Heil- und Nutzpflanze mit langer Tradition.

"Wenn die Leute wüssten, was die Brennnessel alles kann, wüssten sie sie viel mehr zu schätzen."Lous Slob

Sie selber sammelt die Samen der Pflanze und mischt sie beispielsweise ins Müsli – ein wirksames „Anti-Aging“-Mittel. Am liebsten verwendet Lous die Blätter der Brennnessel aber, um eine köstliche Suppe daraus zu kochen. Denn Lous schätzt die Heilwirkung vieler Kräuter, noch lieber jedoch verwendet sie das Grün in der Küche. Wildgemüse wie Giersch, Brennnessel, Breitwegerich, Braunelle, Feldthymian, Gundermann, Gänseblümchen und viele, viele mehr bereichern ihren Speiseplan schon seit vielen Jahren. Es tut ihr offensichtlich gut – Lous ist topfit und täglich mit oder ohne „Gefolge“ am Berg unterwegs.

Wer sich ihr anschließen will, bucht einfach die Kräuterwanderungen von Lous im Sommer oder im Herbst (Termine folgen im Jahr 2022 in Kürze auf unserer Website www.hohe-salve.com) Im Auftrag des Tourismusverbandes Ferienregion Hohe Salve ist sie im Sommer, wie im Winter auf Kräuter-, Wander- und Schneeschuhmission. Oder man ruft sie einfach unter der Telefonnummer +43 680 3207548 an.

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