Der Schatz aus dem Berg
In Hochfilzen lebt mit der Förderung von Magnesit die Bergbautradition bis heute. Ein Blick in die Geschichtsbücher mit Ortschronist Sebastian Eder.
Wo sich heute Wanderer und Biker tummeln, wurde vor mehr als 350 Jahren hart unter Tage gearbeitet. Das PillerseeTal war bis in die 1920er Jahre ein wichtiger neuzeitlicher Bergbau- und Hüttenstandort. Vorwiegend in den Kitzbüheler Alpen und im Ortsteil Hütten/Rosenegg wurden Eisen, Silber, Blei und Kobalt abgebaut. „Der Pillerseer Stahl aus Fieberbrunn war aufgrund seiner einzigartigen Qualität berühmt“, erzählt der Hochfilzener Ortschronist und langjährige Bürgermeister Sebastian Eder.
Zeugnisse dieser hohen Qualität findet man, lange nach Einstellung der Produktion, auch heute noch: So wurden etwa die Glieder der Kettenbrücke in Innsbruck oder das Wildseeloder-Gipfelkreuz mit dem PillerseeTaler Stahl gefertigt. Mit dem Ausbau der Eisenbahn setzte der Wandel in der Region ein – der Bergbau wich den erholungsuchenden Gästen aus aller Welt, da Rohstofflagerstätten anderswo ihren Betreibern mehr Gewinn versprachen.
Eine der größten Lagerstätten Europas
Ein sehr wertvoller Rohstoff, der Magnesit, der wie ein Schatz zwischen Leogang und Fieberbrunn zu finden ist, geriet jedoch nicht in Vergessenheit. Diese grenzüberschreitende Rohmagnesitlagerstätte zählt zu den Größten Europas und bildet den Ausgangspunkt für die Errichtung des Magnesitwerkes in Hochfilzen.
Nach zwischenzeitlichem Abbau in Leogang fiel im Jahr 1956 die Entscheidung für den Bau des Magnesitwerkes in Hochfilzen. Erneut fand in der Region ein Wandel statt. Zahlreiche Arbeiter übersiedelten mit ihren Familien ins PillerseeTal. Werks- und Wohnhäuser, neue Straßen sowie eine Starkstromleitung wurden gebaut. Die Werksanbindung an die Österreichischen Bundesbahnen sowie eine Materialseilbahn zeugten schon damals, als von Klimaschutz noch keine Rede war, von einem vorausschauenden Denken.
Im Jahr 1960 wurde die reguläre Produktion von Sintermagnesia in Hochfilzen aufgenommen. Dieses ist Hauptbestandteil von basischen geformten und ungeformten Produkten, Fertigbauteilen, Massen und Mörteln. Es kommt in der Stahlindustrie und bei der Zementherstellung zum Einsatz.
Die Reischweide vor dem Werksbau in den 50er-Jahren.
Tourismus und Bergbau – geht das?
Die Errichtung einer Magnesithütte, inmitten eines vorwiegend bäuerlichen und touristisch genutzten Gebietes, stellte große Anforderungen an die Erbauer und wurde zu einem österreichweiten Beispiel für die Wichtigkeit des Umweltschutzes. Nach anfänglichen jahrelangen Umweltproblemen wurden an besonders betroffenen Stellen Schadstoff-Messstellen errichtet. So ist es der Werksleitung in den letzten Jahrzehnten u.a. durch den Einbau von modernen Filteranlagen gelungen, die emissionsbedingten Einflüsse auf die Umgebung und die Natur zu beseitigen.
„Das Grießner Moor und der Grießensee wurden zum Naturschutzgebiet.“ – Ortchronist Sebastian Eder
Bergbau und Urlaub – es war kein leichter Spagat, den es zu bewältigen galt. Dass dies gelang, bedurfte der Mitwirkung aller Beteiligten. Stetig wurde daran gearbeitet, die Eingriffe in die Natur so gering wie möglich zu halten. „So wurden zum Beispiel das auf dem Werksgrund liegende Grießner Moor und der Grießensee zum geschützten Landschaftsteil erklärt“, veranschaulicht Ortschronist Sebastian Eder. Die Entwicklung geht ständig weiter: 2022 wurde ein neuer Logistik-Terminal, der Container CO2-neutral auf die Bahn bringt, installiert. Das bedeutet für die Region eine deutliche Reduktion des Lkw-Verkehrsaufkommens.
Das Magnesitwerk in Hochfilzen eingebettet in die malerische Landschaft des PillerseeTals, ein lebendiges Zeugnis der Bergbautradition und industriellen Entwicklung in der Region.
Weltmarktführer in Hochfilzen
Heute werden jährlich rund 180.000 Tonnen Rohstoff in Hochfilzen abgebaut und verarbeitet. Gegenwärtig bietet das Magnesitwerk, das von RHI-Magnesita geführt wird, rund 100 Mitarbeitenden einen Arbeitsplatz. RHI-Magnesita hat sich in den letzten Dekaden zum Weltmarktführer für Feuerfestprodukte entwickelt. Weltweit beschäftigt das Unternehmen über 13.000 Mitarbeitende in 35 Produktionswerken und in mehr als 70 Vertriebsstandorten.
Wirtschaftliche und soziale Impulse
Neuerdings wird in Hochfilzen auch Dolomit gefördert, der umweltfreundlich durch einen Tunnel in das Werk transportiert wird. Der Verwendungszweck dieses Gesteins ist dem des Magnesits ähnlich. Dolomit wird für den gesamten europäischen Markt abgebaut und in den Schwesterwerken in Frankreich weiterverarbeitet.
Für das PillerseeTal bringt der Standort wichtige wirtschaftliche und soziale Impulse. Er gibt speziell jungen Menschen eine Ausbildungs- und Karrierechance mit breitem Entwicklungspotenzial. „Das Werk und seine Betreiber waren und sind für die Gemeinde ein wichtiger Partner und Arbeitgeber. Darüber hinaus gelten sie auch als ein Förderer von Kultur und Sport in der Region“, veranschaulicht Ortschronist Sebastian Eder. So soll es auch bleiben. Hochfilzen zeigt, wie die Symbiose zwischen Industrie und Tourismus gelingen kann.
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Als langjährige Journalistin einer regionalen Wochenzeitung liebe ich es, gute Geschichten zu erzählen. Am liebsten schreibe ich über Dinge, die mir selbst Freude bereiten - wie über die Menschen und Ereignisse im schönen PillerseeTal. Als Tirolerin bin ich sehr naturverbunden, reise jedoch auch gerne in der Welt herum. Fest steht für mich eines: Es gibt keinen „bärigeren“ Ort als Tirol. Mehr Details