Ich bleib dann mal hier: Der Jakobsweg in Tirol
Winterwandern in Itter an der Hohen Salve
Eine Wanderung durch den Schnee ist fast wie inneres Pilgern. Man wird seltsam still dabei. Entschleunigt. Entspannt. Besonders gut geht das zum Beispiel in Itter, einem kleinen Dorf am Fuß der Hohen Salve. Das sonnige Hochplateau ist vor allem wegen des alten Schlosses bekannt. Hier erzählt man sich die Geschichten der Ritter von Itter. Bergwanderführerin Elke lebt seit über 15 Jahren in dem ruhigen Dörfchen und begibt sich regelmäßig mit Gästen auf Winterwanderungen und Spurensuche. Und den Jakobsweg gibt es hier auch.
Winterwandern auf der Hohen Salve – ein besonderes Erlebnis!
Ein Geschichtsbuch auf zwei Beinen
Ich treffe Elke im Tourismusbüro in Itter, wo sie mir das Wochenprogramm und eine Karte mit den markierten Wegen übergibt. Wir werden heute den Rosenweg erwandern, einen Rundweg, der im Sommer seine volle Pracht zeigt, aber auch im Winter ein paar Hingucker zu bieten hat. Unsere Tour startet beim Erbhof Mitterer, einem der seit Generationen bewirtschafteten Bauernhöfe in Itter. „Die Auszeichnung Erbhof erhält ein Bauernhof nur, wenn er seit mindestens 200 Jahren im Besitz derselben Familie ist und vom Eigentümer bewohnt und bewirtschaftet wird. Das ist eine große Ehre und ein Zeichen für bewahrte Tradition“, erklärt mir Elke am Beginn dieses Tages, der noch sehr informativ für mich werden wird. Denn sie weiß allerhand über die Region und ihre Geschichte und erzählt ihren Gästen während der Winterwanderungen davon.
Der Rosenweg auf der Hohen Salve – hier gehts lang!
Heiraten in luftiger Höh
Während wir im knirschenden Schnee dahinmarschieren, erfahre ich, dass die Einwohner von Itter vom Tourismus und von der Milchwirtschaft leben. Elke zeigt auf eine Alm mitten im Skigebiet: „Das ist die Kraftalm, und daneben steht eine kleine Kapelle, die 1983 zu Ehren der Milchwirtschaft errichtet wurde. Dort kann man auch Hochzeiten und Taufen feiern.“ Die Wallfahrtskapelle an der Kraftalm ist gut erreichbar, und das Panorama von dort oben ist als Kulisse für eine Trauung das Höchste der Gefühle. Ich staune, was man auf so einer Winterwanderung alles in Erfahrung bringt – kann man ja vielleicht nochmal brauchen, diese Hammer-Hochzeitslocation.
Ich bin dann mal weg
Wir marschieren weiter bis zu einer Weggabelung. „Hier treffen der Jakobsweg und der Rosenweg aufeinander“, erklärt mir Elke. Und tatsächlich führt eine der drei Hauptrouten des berühmten Jakobswegs durch Itter. Ich kann also ab sofort behaupten, zumindest ein Stück lang auf dem Jakobsweg gepilgert zu sein. Der Weg ist gut beschildert, aber auch ohne Schilder wäre der Rosenweg eindeutig zu erkennen: „Im Winter stehen überall riesige Rost-Rosen. Im Sommer ist der Weg eine einzige Blütenpracht. Von der Wildrose über die Duftrose bis zur Zuchtrose sind entlang des Weges alle Arten zu finden“, beschreibt Elke. Die Infotafeln geben Auskunft über die Pflanzen. Elke befreit sie liebevoll vom Schnee, damit der Blick auf die interessanten botanischen Details frei ist. Wir verlassen den Jakobsweg, schreiten durch einen Rosenbogen und steigen einige Stufen hinauf. Ab hier wandern wir einen schmalen Pfad entlang mit Blick ins Tal, und nach wenigen Minuten erscheint rechterhand auf einem Hügel das Schloss von Itter.
Weiter geht es über einen idyllischen Waldweg in Richtung Schloss...
Die Ritter von Itter
Die Wanderung hat etwas Märchenhaftes. Der Rosenweg, die Rosenbögen und jetzt noch das Schloss – fast fühl ich mich wie Dornröschen. Leider reitet uns kein stattlicher Prinz hinterher. Meine amüsanten Gedankenspiele finden allerdings ein jähes Ende, als Elke mir erzählt, dass das Schloss im Zweiten Weltkrieg als Außenstelle des KZ Dachau gedient hat. Die bewegte Geschichte des prunkvollen Gebäudes reicht weit zurück. Erwähnt wurde das Schloss erstmals 902. Es hat Erzbischöfe, Konzertpianisten, Kunstsammler und Rechtsanwälte als Besitzer kommen und gehen sehen. Nach dem Krieg wurde es zum Nobelhotel umgebaut, mittlerweile wird es als Einfamilienhaus genutzt. Leider kann ich das Schloss nur von der Ferne sehen, für die Öffentlichkeit ist es nicht zugänglich. Wie es wohl sein mag, dort zu wohnen?
Zum Mitnehmen: neue Kraft für den Alltag
An einem weiteren Highlight bleibt mein Blick noch hängen: an der riesigen Holzburg am Kinderspielplatz. „Dieser Spielplatz wurde neu gestaltet und im Vorjahr eröffnet“, erzählt Elke stolz. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Kleinen hier eine Menge Spaß haben, wenn sie sich auf die Spuren der Ritter von Itter begeben. Unsere Spurensuche ist dagegen zu Ende: Wir sind zurück im Dörfl Itter beim alten Brunnen. Der Spaziergang mit Elke hat mir nicht nur beeindruckende Ausblicke beschert, sondern auch interessante Einblicke in die Geschichte von Itter und das Leben der Einheimischen. Und obwohl ich all dieses neue Wissen gesammelt habe, ist mein Kopf wunderbar frei – vielleicht hat das Wandern auf dem Jakobsweg ja tatsächlich die Wirkung, die man ihm nachsagt.
Cornelia Schierl ist Allround-Sportlerin und liebt die Outdoor Welt. In den Kitzbüheler Alpen begibt sie sich auf Entdeckungstour und erkundet die Geheimtipps der Regionen. Mehr Details