Uralte Tradition mit Feen und Geistern:
Räuchern im PillerseeTal
Bedeckt mit einer fein gepuderten Schneeschicht erstreckt sich das PillerseeTal vor mir. Hier auf 1000 Metern wirkt alles so still und friedlich – beinahe so, als läge die ganze Umgebung im Winterschlaf. Doch ich werde heute noch merken, dass das Gegenteil der Fall ist. Ich treffe Birgit Schwaiger. Sie lebt genau hier, oberhalb von Fieberbrunn auf einem Bauernhof, der schon seit elf Generationen im Familienbesitz ist. Gemeinsam wollen wir zuerst die Gegend erkunden und Tierspuren lesen. Später wird sie mich in die Geheimnisse des traditionellen Räucherns einweihen – ich bin gespannt.
Wir treffen uns mit Kräuterfee Birgit Schwaiger bei ihrem Hof oberhalb von Fieberbrunn.
Mit Schneeschuhen an den Füßen stapfen wir durch die Landschaft
Mit dabei ist auch Hündin Senta, die begeistert um uns herumspringt. Auf dem Weg erfahre ich mehr über die „Kräuerfee“ Birgit. Sie wuchs auf einem Bauernhof auf und lernte so, die Kraft der Pflanzen zu schätzen. „Für mich war es schon damals selbstverständlich, die Natur als Apotheke zu nutzen. Doch erst durch die Ausbildung zur Kräuterpädagogin wurde mir bewusst, dass dieses mündlich weitergegebene Wissen fast schon vom Aussterben bedroht ist.“ Das brachte die 50-Jährige dazu, Führungen anzubieten und ihr Know-how an Besucher weiterzugeben – heute auch an mich.
Rinde als Zutat für Tee oder Räuchermischung
Wir kommen an einem Weidenbaum vorbei, Birgit bleibt stehen und streicht über die Rinde. „Die kann man zum Beispiel für Tees und als Zutat für Räuchermischungen benutzen.“ Ich bin erstaunt, als ich von ihr erfahre, dass der Wirkstoff der Borke in Aspirin enthalten ist, da er entzündungshemmend und schmerzlindernd ist.
„Die Natur ist ein gedeckter Tisch, bedien‘ dich“
...sagt Birgit und beißt herzhaft die Knospe eines Haselnussstrauches ab. Ich schau sie vermutlich etwas verdutzt an, denn sie lacht und erklärt mir, dass in jungen Knospen die geballte Lebenskraft der Pflanzen steckt. Also gut, wenn’s gesund ist, denke ich und beiße auch einmal ab. Gar nicht mal so schlecht. „Schau, auch Rehe lieben die Knospen.“ Sie deutet auf den Boden, im Schnee zeichnen sich feine Tierspuren ab. Wir gehen noch ein Stück weiter durch die traumhafte Winterlandschaft, machen an der Wildfutterstelle Rast. Na ja, ich mache Rast – Birgit füllt das Heu für die Tiere auf. Sie ist wirklich eins mit der Tier- und Pflanzenwelt, wie eine echte Naturfee.
Die Kunst des Räucherns
Auf geht's in Birgit's Kräuterstüberl
Birgit und ihre treue Begleiterin Senta vor dem Räucherstüberl.
Birgit reißt mich aus meinen Gedanken. „Auf geht’s“, sagt sie und steht schon wieder in den Startlöchern. Denn bald kommt das Highlight des Tages und zugleich Birgits eigentliches Spezialgebiet. Auf dem Weg zurück macht sie mich schon ganz neugierig und erzählt vom traditionellen Räuchern. „Es tut der Seele gut und verbindet uns noch ein Stückchen mehr mit der Natur.“ Schon seit Generationen verbrennen die Menschen im Alpenraum Hölzer und Kräuter und verspüren dabei stets eine wohltuende Wirkung. Auch heute noch gehört die Praktik zur Kultur, vor allem zwischen den Jahren wird geräuchert, denn vom 21. Dezember bis zum 6. Januar, so heißt es, sind die Tore zwischen dem Diesseits und dem Jenseits geöffnet. „Durch das Räuchern werden Geister ferngehalten und das Haus wird gereinigt. Aber auch im Alltag lassen sich zum Beispiel mit Beifuß negative Schwingungen neutralisieren.“
Jetzt kann ich es aber wirklich kaum erwarten. Endlich sitzen wir im Hüttenraum und Birgit schwenkt ihr Kräuterfass. Es hat fast schon etwas Meditatives, den sich fein kräuselnden Rauchfäden zuzusehen und den angenehmen Duft aus Wacholder, Beifuß und Fichtenharz einzuatmen. Das findet auch meine Gastgeberin: Sie kann beim Räuchern abschalten und nimmt sich dabei Zeit, um bewusst dankbar zu sein, auch, wenn nicht immer alles glatt läuft.
Birgit's Kräuterapotheke
Am Hof angekommen zeigt Birgit mir ihre Naturapotheke: Fein säuberlich in Gläsern gelagert stapeln sich hier all ihre Wundermittel. Die Zutaten hat die Kräuterfee im Sommer selbst gesammelt. „Wenn ich sie dann räuchere, erinnere ich mich immer an die glückliche Zeit, die ich draußen verbracht habe.“
Birgit weiht mich in die Kunst des Räucherns ein.
Neugierig beobachte ich Birgit bei der Zusammenstellung des Räucherwerks.
Birgit schwenkt das Kräuterfass
Birgit fasziniert mich: Ihre Verbundenheit mit der Natur, das umfassende Wissen und die Gabe, aus kleinen, unscheinbaren Momenten ein spirituelles und meditatives Erlebnis zu erschaffen. Hier komme ich gerne wieder her, wenn ich eine Auszeit vom Alltag brauche.
Spurenlesen im Winterwald mit Räuchern
Birgit Schwaiger wird auch gern die „Kräuterfee” vom PillerseeTal genannt. Bei ihren Schneeschuhwanderungen mit Tierspurenlesen und anschließendem Räucherworkshop hat die ausgebildete Kräuterpädagogin spannende Infos über die beste Apotheke der Welt in petto – und offenbart die Schätze der Natur. Jeden Donnerstag von 14 bis 16 Uhr - Information & Anmeldung: Birgit Schwaiger, natur1pur@gmail.com oder +43 664 73449502. Mindestteilnehmer: 1 Person, Maximale Teilnehmer: 4 Personen. Preis: € 45,- inkl. Schneeschuhe, bei zu wenig Schnee wird ohne Schneeschuhe gewandert
Patrick Daxenbichler
Antworten
Ein wunderbarer Artikel, der die faszinierende Verbindung zwischen Mensch und Natur lebendig macht! Besonders interessant finde ich den Aspekt, dass die Rinde des Weidenbaums entzündungshemmende Eigenschaften hat und sogar als Grundlage für Aspirin dient. Das zeigt einmal mehr, wie reichhaltig die Natur ist und wie viel sie uns zu bieten hat. Danke für diesen tollen Einblick in die Welt des Räucherns und der Pflanzenheilkunde!