Die Stadtbäuerin
Ihr Leben am Unterkrumbacherhof
Einen Tag am Stadtbauernhof Unterkrumbacher in Wörgl. Da habe ich Folgendes herausgefunden: Warum Monika Egger nie einen Bauern heiraten wollte, wie sie sich als Kuhtreiberin anstellte und was es mit der „Villa Rustica“ auf sich hat.
Wenn man am Morgen in Wörgl unterwegs ist, vernimmt man das Läuten von Glocken. Nicht weit weg vom Unterkrumbacher-Bauern ist die Stadtkirche. Aber es kommt nicht vom Kirchturm, nein, sondern aus den Straßen. Ein buntes Durcheinander von Schellen ist es, manche tönen tief, dunkel und gemächlich. Andere hell und fast hektisch.
Der Bauer vom Unterkrumbacherhof treibt sein Vieh auf die Weide, quer durch die Stadt. An den Hälsen der Kühe die Glocken, die sie im Sommer auch auf der Alm getragen haben.
Ihnen voran oder fallweise auch ganz zum Schluss, einen „Treiberstecken“ in der Hand: Bäuerin Monika Egger.
Mit ihr sitze ich an einem warmen Tag gemütlich in der alten Stube des Stadt-Bauernhofs zusammen.
Sie kommt aus der Wildschönau, aus dem Ortsteil Mühltal. Aufgewachsen auf einem Bergbauernhof, war es nie ihre Absicht, Landwirtin zu werden. Denn die Heuernte auf den steilen Anhängen bedeutete schwere Arbeit. Das wünschte sie sich nicht für ihre Zukunft. Abgesehen davon, einen Wörgler zum Mann schon gar nicht. Aber es sollte alles anders kommen.
Falsch abgebogen
Vor der Hochzeit musste sich Monika damals am Unterkrumbacherhof als Bäuerin beweisen, beim ersten Viehtrieb durch die Stadt war sie jedoch überfordert. Sie wusste gar nicht, in welche Richtung die Tiere eigentlich gehen sollen.
„I håb mir gedacht, die wissen wohin, sind ja Stadtkühe.“
Vielleicht wussten sie es auch und wollten nur, bevor es aufs Feld ging, noch einen Schaufensterbummel unternehmen? Auf jeden Fall „pfitschte“ die erste Kuh aus und schlug die falsche Richtung ein, alle anderen hinterher – hinüber zum Brautmodengeschäft mit seinem engen Eingangsbereich. Genau da hinein quetschte sich die erste Kuh und drückte prompt die Scheiben ein.
Für Bauer Martin war die Aktion ein Wink mit dem Zaunpfahl, denn wenige Monate danach wurde geheiratet.
Auf Andreas, den Erstgeborenen, der inzwischen 14 Jahre alt ist, folgten David, 9 und die Zwillinge Michael und Josef, fünf Jahre alt.
Die vier Buben vertreten die neunte Generation der Familie, die am Hof aufwächst. Oder eigentlich nebenan.
Denn die Bauersleute hätten enorm viel Geld investieren müssen, um den Unterkrumbacherhof – der 1450 erstmals urkundlich erwähnt wird und sich seit 1799 im Familienbesitz befindet – zu sanieren und moderne Wohnräume darin zu schaffen.
Die Familie hat stattdessen eine Wohnung im Haus neben dem Hof bezogen, das ebenfalls in ihrem Besitz ist.
Hofladen und Bauernmarkt
Schon bald richtete sich Monika einen Hofladen ein.
Je größer die Buben wurden, desto größer wurde ihr Sortiment. Inzwischen bietet sie Joghurt, cremigen Topfen, den brösligen „Bråda“, Aufstriche, Weichkäse, Öl, Fruchtmolke, Speck, Eier und Saisonales wie Obst und Beeren an, alles direkt am Hof hergestellt oder selbst gesammelt.
Das Joghurt und die Butter habe ich selber verkostet, mir auch schon einige Eier von Monikas Hühnern in die Pfanne geschlagen. Man meint fast, das Federvieh gackern zu hören, so frisch und gut sind sie. Probiert habe ich natürlich auch den Schnittkäse „Villa Rustica“, der im Keller des Unterkrumbacherhofs reift. Er ist benannt nach dem römischen Gut, das man 1842 bei Grabungen am Anger des Bauernhofs entdeckte. Es ruht in der Erde, auch unter dem Hof, und gibt Monikas Käse seinen Namen. Der Käse schmeckt herrlich, der hätte auch den römischen Herren gemundet.
Monika verkauft ihre Produkte immer wieder auch am Bauernmarkt, der jeden Samstag von 8:30 bis 12:30 Uhr in der Bahnhofstraße Wörgl stattfindet. Der Markt zieht nicht nur die WörglerInnen an, auch aus den Nachbargemeinden kommen viele Leute, um die frischen Produkte der Standler wie Gemüse, Fisch, Käse, Kräuter und vieles mehr zu erstehen. Den Bummel durch die Stände verbindet man gerne mit einem gemütlichen „Ratscher“ oder einer Tasse Kaffee in den umliegenden Gastronomiebetrieben. „Des is immer nett“, so Monika. Ich selber war auch schon oft am Markt.
Die Stadt bekommt dann ein ganz anderes Flair, man trifft eine Menge Leute und die Produkte, die angeboten werden, sind besser als alles, was man im Supermarkt erhält.
Eine Kuh im Wettbüro
Den Sommer verbringt das Vieh des Unterkrumbacherhofs auf der Alm, im Herbst tritt es den Weg in den heimischen Stall an, das letzte Stück führt natürlich durch die Stadt. Aber wenn man schon unterwegs ist, kann man doch auch gleich etwas erledigen, oder? Das dachte sich vielleicht jene Kuh, die beim Almabtrieb plötzlich im Wettbüro stand.
Schiebetür auf, Kuh rein, Schiebetür zu. Ein Treiber sah gerade noch das Hinterteil im Haus verschwinden. Man holte das Tier schnellstmöglich wieder heraus. Alles ging gut: Die Inhaber des Wettbüros erlitten zwar einen Riesenschreck, aber Schäden richtete die Kuh keine an, sie hinterließ auch keine Spuren, wie man befürchtet hatte. „Aber gewonnen håt’s a nix“, sagt die Bäuerin mit gespieltem Bedauern, „es ist nie eine Benachrichtigung gekommen.“
Die Kühe gehen mit der Jahreszeit
Monika weiß mittlerweile freilich, in welche Richtung die Kühe zu treiben sind, wenn es im Herbst auf die Weide geht. In den ersten Tagen freuen sich die Tiere und gehen fleißig, später fangen sie an zu bummeln und wollen im Spätherbst gar nicht mehr aus dem Stall.
Im Winter bleibt es deshalb ruhig in Wörgl, nur dann und wann ist beim Vorbeigehen ein leises Bimmeln aus dem Kuhstall zu hören. Nämlich dann, wenn sich die „Heidi“ oder die „Gams“ hinlegt und vom Stadtspaziergang oder vom großen Gewinn im Wettbüro träumt.
Monika verrät ihr Rezept für g’schmackige Tiroler Pressknödel
Zutaten
- 400 g Kartoffeln
- 100 g Knödelbrot
- 100 g Tilsiter
- 200 g Graukäse
- 180 g Mehl
- 2 EL Semmelbrösel
- 1 Ei
- 1/8 Liter Milch
- 1 Zwiebel
- Petersilie, Schnittlauch, Salz, Fett zum Braten
Die Kartoffeln kochen, auskühlen lassen und schälen. Mit einem groben Reibeisen Kartoffeln, Tilsiter und Graukäse reiben. Zwiebel schälen, schneiden und in Butter hellbraun rösten. Alle Zutaten zu einem Teig verkneten, gut würzen und zu „Laiberl“ formen. In heißem Fett beidseitig braten. Die Pressknödel kann man in Rindsuppe mit Kraut oder Blattsalat oder einfach mit einer Tasse Milch genießen.
Gutes Gelingen!
Rosa Embacher
Antworten
der Bericht ist anschaulich geschrieben und mit vielen Informationen
Doris Martinz
Liebe Rosa, vielen Dank für deine positive Rückmeldung, ich freue mich sehr, dass dir der Artikel gefällt :-) Liebe Grüße Doris
Susanne Seisl
Antworten
Sehr netter Beitrag, über sehr nette Bauerfamilie
Doris Martinz
Liebe Susanne, vielen herzlichen Dank für deinen netten Kommentar, wir freuen uns sehr darüber :-) Herzliche Grüße Doris
Lisa Weger
Antworten
Beim Rezept der Kaspressknödel sind 1800g Mehl angegeben, ich denke das ist ein Tippfehler?!
Doris Martinz
Liebe Lisa, ja, du hast Recht, hier ist eine Null zuviel. Vielen Dank für die Anmerkung, werden wir gleich korrigieren. Gutes Gelingen! Liebe Grüße Doris